Die Digitalisierung der Lebens- und Arbeitsprozesse birgt einer aktuellen Studie zufolge für die deutsche Wirtschaft in den kommenden fünf Jahren ein Potenzial von 154 Milliarden Euro.
Dabei wachse auch der Datenhunger immens, heißt es in einer Studie von IW Consult im Auftrag des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation. Das umgeschlagene Datenvolumen wird demnach weltweit bis 2019 drei Mal höher als heute sein. Bis dahin dürften dann voraussichtlich bis zu 51 798 Gigabyte pro Sekunde durch die Datenleitungen fließen.
Der Studie zufolge, an der auch das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI beteiligt war, liegt Deutschland bei der Entwicklung von Schlüsseltechnologien im internationalen Vergleich zwar in der Spitzengruppe, in den meisten Feldern rangiert Deutschland unter den Top fünf.
Bei der Netzabdeckung und der Geschwindigkeit der Datenleitungen hingegen erreicht das Land aber nur das Mittelfeld, sagte Karl Lichtblau von IW Consult. Zukunftssichere reine Glasfaseranschlüsse seien in Deutschland kaum vorhanden. Lediglich 1,3 Prozent aller Anschlüsse basierten auf dieser Technik (FTTB/H), in Südkorea seien es dagegen fast 70 Prozent.
Als die am dynamischsten wachsenden Schlüsseltechnologien macht die Studie etwa smarte Anwendungen in den Bereichen Mobilität, im Gesundheitswesen, dem Energiesektor, der Industrie, im Verbrauchermarkt sowie in der Verwaltung aus. Dabei sei die Netzinfrastruktur der «Schrittmacher» für die Gigabit-Gesellschaft, so Lichtblau.
In den kommenden Jahren dürften dafür rund 70 bis 90 Milliarden Euro an Kosten zusammenkommen. Für die Realisierung sei jedoch auch staatliche Unterstützung erforderlich, da sich nicht jeder Ausbau in ländlichen oder dünn besiedelten Gebieten wirtschaftlich für die Provider rentiere.
Wenn in der gleichen Geschwindigkeit wie heute weiter ausgebaut werde, könne Deutschland jedoch erst in 40 Jahren zur Gigabit-Gesellschaft werden, befürchtet David Lehmann vom Verein Junge Unternehmer. Viele junge Unternehmen hätten es nicht nur in ländlichen Gebieten schwer. Lehmann verwies auf das Beispiel eines Jungunternehmers, der sogar am Heumarkt mitten in Köln auf eigene Kosten die Straße aufreißen ließ, um an ein Glasfasernetz angeschlossen werden zu können. «Ohne Breitband gibt es auch keine Arbeit 4.0.»
Laut der vorgestellten Studie haben Untersuchungen ergeben, dass bei der Abdeckung mit schnellen Glasfaseranschlüssen eine Zunahme um ein Prozent bereits einen volkswirtschaftlichen Effekt auf das Bundesinlandsprodukt (BIP) um 0,02 bis 0,04 Prozent hätte. In Deutschland hätte das einen geschätzten BIP-Zuwachs von rund 605 Millionen Euro zur Folge. Da der Glasfaser-Ausbau in Deutschland noch am Anfang stehe, seien bei entsprechenden Investitionen besonders große Vorteile zu erwarten.
Ende 2015 verfügten demnach in Deutschland nur 60 Prozent der Unternehmen über Breitbandanschlüsse mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde. Die Internet-Geschwindigkeit könne schon in absehbarer Zeit ein erheblicher Standortfaktor werden. «Europäische Nachbarn und Asien setzen bereits voll auf Glasfaser – und Deutschland diskutiert noch über Kupfer», sagte Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland. «Das darf nicht der Anspruch einer führenden Industrienation sein.»