Eigentlich wollte der norwegische Autor und Journalist Tom Egeland nur eine Serie von ikonischen Bildern der Zeitgeschichte posten. Darunter das von dem an einem türkischen Strand liegenden, ertrunkenen dreijährigen Aylan Kurdi. Und das von Phan Thi Phúc, die nach einem Napalm-Angriff 1972 aus ihrem vietnamesischen Heimatdorf Trang Bang floh – nackt.
Für Facebook war das ein klarer Verstoß gegen die Benutzerrichtlinien. Die verbieten das Posten von kinderpornografischen Aufnahmen. Dass es sich dabei um ein historisches Zeitzeugnis handelt, für das Fotograf Nick Út sogar einen Pulitzer-Preis bekam, interessierte bei Facebook nicht. Es ging nur um eines: Das Bild sei „offensichtlich nicht mit den Gemeinschaftsstandards vereinbar“. Das Kind war nackt, das Bild musste verschwinden. Als Egeland nochmal nachlegte, wurde auch die Seite des Autors kurzzeitig gesperrt.
Facebook Vietnamfoto online_20.50
Offener Brief an Mark Zuckerberg
Jetzt regt sich Widerstand gegen Facebook: Verschiedene Medien berichteten über den Fall, zeigten auch das Bild unzensiert bei Facebook. Unter anderem die große norwegische Zeitung „Aftenposten“. Dann kam eine Mail von der Facebook-Zentrale in Hamburg. Bevor man reagieren konnte, war das Bild schon wieder verschwunden. Der Chefredakteur Espen Egil Hansen schrieb daraufhin einen offenen Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg.
„Lieber Mark“, heißt es dort, „ich folge dir, aber du wirst mich nicht kennen.“ Dann folgt ein Plädoyer für die Pressefreiheit bei Facebook. Und ein klarer Vorwurf: Facebook würde zwar nur seine Regeln durchsetzen, dass die aber nicht zwischen ikonischer Kriegsfotografie und Kinderpornografie unterscheiden können, wäre eine klare Verfehlung des sozialen Netzwerkes. Deshalb werde „Aftenposten“ auch weiterhin das Bild von Phan Thi Phúc posten – unzensiert. Auch der stern beteiligt sich an der Protest-Aktion und veröffentlicht das Bild bei Facebook.Facebook Zensur
Und dafür gibt es gute Gründe: Das Bild änderte den Blick auf den Krieg und ist somit eine herausragende Fotografie des 20. Jahrhundert – und markiert einen Wendepunkt in der Kriegsberichterstattung. Es zählt zu den ersten Bildern, die schonungslos die Grausamkeit des Krieges abseits von Propaganda und Zensur aufzeigt. Im Jahr 1972 wurde das Bild daher zum Pressefoto des Jahres gewählt und mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.
Das Mädchen lebt mit dem Leid
Das fotografierte Mädchen, Phan Thi Phúc, erlitt schwere Verbrennungen durch den Napalm-Angriff, ein Drittel der Hautoberfläche war verbrannt. Sie überlebte. Auch vierzig Jahre später leidet sie an ihren Narben, sie lässt mittlerweile mit einer Laserbehandlung die Schmerzen lindern.
Der stern berichtete früh über Phan Thi Phúcs Schicksal, im Jahr 1984 besuchte sie auf Einladung des Magazins Deutschland.Napalm-Mädchen FotostreckeNapalm-Mädchen 17.30