„Probier doch mal den Leierkasten.“ Wer als Neuling in München die App „Jodel“ nutzt, um sich in der bayerischen Metropole zu orientieren, bekommt seit einigen Wochen auf die Frage nach einem guten Restaurant diese Antwort. Die üblichen Empfehlungen wie „Ich kann den Leierkasten nur empfehlen. Nettes Ambiente, freundlicher Service und ausgezeichnete Weine“ fehlen ebenfalls nicht. Alles wunderbar, so scheint es. Doch wer schließlich ahnungslos vor dem Leierkasten steht, der braucht entweder ein dickes Fell oder ein ganz viel Humor. Denn der Leierkasten in Wahrheit ein Bordell.
Den Humor verloren hat allerdings längst der Geschäftsführer des Kult-Puffs im Stadtteil Schwabing-Freimann. „Seit drei Wochen geht das schon so“, klagt Velica A. in einem Bericht der Münchner „tz“. „Es kommen Touristen, die ganz erstaunt sind, wenn sie uns besuchen.“ Sogar Familien finden sich im Leierkasten ein. „Erst kürzlich kam ein junges Ehepaar aus Pfaffenhofen, das mit seinen Kindern eigentlich nur ein Theater besuchen wollte“, berichtet A. genervt.
Leierkasten – „selten so gut gegessen“
Grund manches ungewollten Besuchs sind nicht nur die Spaß-Empfehlungen in der App, sondern auch die irreführenden Bewertungen bei Google. „Selten so gut gegessen in München“, steht da beispielsweise zu lesen. „Wir können die Bewertungen nicht löschen“, ärgert sich A., „das müsste Google selbst machen. Aber die unternehmen nichts.“ Immerhin: Ein Wikipedia-Eintrag mit der Bezeichnung „Leierkasten (Gourmettempel)“ existiert bis auf das Stichwort nicht mehr. Dafür haben Witzbolde aber unter dem Adresse www.leierkasten.tk sogar eine Homepage ins Netz gestellt. Dort werden die angeblichen kulinarischen Spezialitäten gefeiert. Zusammen mit den falschen Bewertungen hat es vor allem der „Lavakuchen“ zu einiger Berühmtheit gebracht.
Velica A. kann darüber nicht (mehr) lachen. Wieso gerade sein Etablissement zur Zielscheibe der studentischen Digital-Kampagne wurde, ist unklar. Sein Geschäftsmodell ändern will der Geschäftsführer jedenfalls nicht: „Wir sind ein Bordell und wollen deshalb als solches deklariert werden“, sagt er der „tz“. Das gelte auch für das Internet.