„Hallo, ich liebe euch“. Mit sanften Worten begrüßt Google-Chef Sundar Pichai die Menge im Shoreline Amphitheater. Zigtausende sitzen vor ihm, sie alle sind zur alljährlichen Entwicklerkonferenz I/O ins kalifornische Mountain View gepilgert. Um zu erfahren, wie wir in Zukunft mit Technik interagieren werden – und mit welchen Mitteln und Wegen sich der Konzern noch tiefer in unseren Alltag verankern will.
Das ist ihm bis jetzt schon ganz gut gelungen: Vor wenigen Tagen knackte er die Marke von zwei Milliarden aktiven Android-Geräten. Zwei Milliarden! Auch bei den Diensten kommt man an Google kaum noch vorbei: Der Chrome-Browser ist für eine Milliarde Nutzer das Tor zum Internet, der Firefox ist längst abgehängt. Mit Hilfe von Google Maps werden jeden Tag eine Milliarde Kilometer navigiert. Und bei Google Fotos werden Tag für Tag 1,2 Milliarden Fotos von rund 500 Millionen Nutzern hochgeladen. Dabei startete der Service gerade einmal vor zwei Jahren.
In den vergangenen Jahren trommelte der Konzern auf der I/O mit spektakulären Gadgets, die am Ende meist nie die Marktreife erreichten. In diesem Jahr ging es dagegen stiller zur Sache, im Mittelpunkt stand die Weiterentwicklung der bestehenden Dienste. Alles wird immer weiter verknüpft, und dank Künstlicher Intelligenz noch intuitiver – so lautet zumindest das Versprechen. Die Programme sind selbstlernend, einige machen bereits weniger Fehler als Menschen. Aus dem Motto „Mobile first“ wurde in diesem Jahr „AI first“. Künstliche Intelligenz. steht an erster Stelle, wie die wichtigsten Neuerungen des Abends zeigen.Google IO Ticker 19.00
Google Lens: Das Smartphone sieht die Welt nun anders
Die erste Neuerung des Abends ist Google Lens. Dahinter verbirgt sich eine Technologie für den Assistant und Fotos-Dienst. Grob gesagt verknüpft die Software Bilder mit Künstlicher Intelligenz. Hier beweist Google, wie wertvoll die Milliarden Daten sind, die der Konzern jeden Tag sammelt: Mit ihnen lässt sich die Künstliche Intelligenz immer feiner trainieren. So kann das Handy nun erkennen, welche Blume sich vor der Kamera befindet oder um was für eine Rasse es sich bei einem Hund handelt.
Man kann die Kamera aber auch auf ein Restaurant richten, um Bewertungen angezeigt zu bekommen. Wie gut das hierzulande klappt, muss ein Test zeigen. Apple arbeitet angeblich an einer ähnlichen Technologie für das iPhone 8, die sogenannte Augmented Reality gilt als einer der großen Trends.
Google Assistant: Hallo Siri, ich bin jetzt auch da
Im Konkurrenzkampf der digitalen Assistenten fordert Google nun Siri heraus – und erscheint auch auf dem iPhone. Der Google Assistant wird im Sommer als eigenständige Anwendung zur Verfügung gestellt, um dort mit verschiedenen Apps des Internet-Konzerns zusammenzuarbeiten. So muss man dem Assistenten nur sagen, dass man ein bestimmtes Video sehen möchte, anschließend wird es bei Youtube gestartet. Zudem baut Google Transaktionen in den Assistant ein – klicken, kaufen, bezahlen. Sehr smart. Doch so tief wie Siri kann der Assistant nicht in das iPhone verankert werden. Er dient wohl eher als Schaltstelle zum Home-Lautsprecher.
Google Home: Bald auf Deutsch
Der Sprachlautsprecher Home wurde im vergangenen Jahr vorgestellt, ist hierzulande bislang allerdings nicht erhältlich. Nun bestätigt Google: Im Sommer kommt der Home-Lautsprecher nach Deutschland. Und zwar in aufgemotzter Form mit vier neuen Features: Mit dem Proactive Assistant wird sich der Home-Lautsprecher per Lichtsignal eigenständig melden, wenn es etwas Wichtiges gibt. Hands-free Calling erlaubt Telefonate, ohne eine Taste drücken zu müssen („Ruf Mama an“), in den USA verspricht Google landesweite Festnetztelefonate. Ob das hierzulande auch klappt?Life Hacks Kabelbruch 16.17
Die dritte Neuerung: Spotifys Kostenlos-Modus läuft nun auch auf dem Home-Lautsprecher, zusammen mit Deezer und Soundcloud. Home bekommt außerdem einen Bluetooth-Support. Das letzte neue Feature sind Visual Responses. Fragt man den Home-Lautsprecher nach einer Route, wird der entsprechende Kartenausschnitt direkt auf dem Smartphone angezeigt – egal ob es sich um ein Android-Gerät oder ein iPhone handelt.
Google Fotos: Bilder sind zum Teilen da
Der Dienst Google Fotos ist vor zwei Jahren gestartet, mittlerweile hat er eine halbe Milliarde Nutzer. Der Dienst soll am stärksten vom Machine Learning profitieren. Längst ist die Software in der Lage, Objekte zu erkennen („Zeige Fotos mit Elefanten“). Nun will sie auch beim lästigen Aussortieren helfen: Knipst man im Urlaub Hunderte Bilder, sortiert der Algorithmus automatisch doppelte oder unscharfe Motive aus.
Die zweite große Neuerung ist Suggested Sharing. Die Software erinnert zukünftig daran, den tollen Urlaubsschnappschuss doch mit dem besten Kumpel zu teilen. Etwas gruselig: Google Fotos zeigt nicht nur die eigenen Fotos an, sondern auch die von Freunden, welche beispielsweise auf der gleichen Party waren. Ob man das will?
Deutlich praktischer hingegen ist die Shared Library. Hiermit kann man die Foto-Bibliothek mit Freunden und der Familie teilen und den Großeltern etwa automatisiert Bilder der Enkelkinder zur Verfügung stellen. Darauf haben sicherlich einige Nutzer gewartet.
Überraschend stößt der wohl größte Digitalkonzern der Welt ins analoge Printgeschäft vor: Die automatisierten Fotoalben aus Google Fotos kann man sich nun als Fotobuch ausdrucken lassen. Die Funktion ist derzeit aber nur in den USA verfügbar, weitere Länder kommen „bald“. Apple bot jahrelang einen ähnlichen Service an, mittlerweile wurde der Dienst aber eingestellt. Mehr als ein Zubrot ist das Geschäft mit Fotobüchern sicherlich auch für Google nicht.Mit diesen Fehlern machen Sie Ihren Akku kaputt 12.53
Android O: Sicherer und schneller
Die wichtigste Info vorab: Google O wird nicht sofort zum Download bereitgestellt, sondern kommt Ende des Jahres – das war zu erwarten. In der nächsten Android-Version stecken einige neue Features, etwa ein Bild-in-Bild-Modus, wie man ihn vom Fernseher kennt. Damit kann man auf dem 5,5-Zoll-Bildschirm des Telefons in einer Ecke in einem ganz, ganz kleinen Fenster ein Youtube-Filmchen gucken. Wer’s braucht.
Das nächste Feature sind Notification Dots. Entwickler können auf App-Symbolen einen kleinen Punkt anzeigen lassen, der „Hey, hier ist etwas passiert“ suggeriert. Hält man das Symbol gedrückt, wird die Mitteilung direkt angezeigt. Kennt man so ähnlich vom iPhone.
Mit „Vitals“ fokussiert sich Google auf eine höhere Systemstabilität und – das ist bitter nötig – mehr Sicherheit. Android scannt etwa alle mit dem Internet verbundenen Geräte nach verseuchten Apps. Mit Google Play Protect gibt es nun eine Schutzsoftware. Geräte sollen mit Android O auch zügiger booten, das Pixel soll etwa doppelt so schnell einsatzbereit sein. Und der Ressourcenhunger einiger Apps wird deutlich eingeschränkt. Auch das ist ein häufiger Kritikpunkt von Android-Nutzern.
Android Go: Software für Sparphones
„Wir sind einen Schritt zurückgetreten um darüber nachzudenken, wie wir noch mehr Menschen mit Smartphones ausstatten können“, erklärt Google-Manager Sameer Samat. Nötig wäre dazu eine Software, die sowohl für schwache Geräte mit wenig Rechenpower als auch in Gegenden mit schlechter Mobilfunkabdeckung ausgelegt ist. All das wird im abgespeckten Android Go gebündelt. Es bringt das neueste Betriebssystem – Android O – auf günstige Geräte, darunter auch überarbeitete Google-Apps wie Gmail, die weniger Ressourcen benötigen.
Youtube Go etwa erlaubt eine Vorschau, bevor man ein Video startet. So kann man entscheiden, in welcher Qualität man das Video streamen möchte und bekommt gezeigt, wie viele Daten genau das Video in dieser Qualität verbraucht. Der Play Store enthält zwar alle Apps, hebt aber jene mit niedrigen Voraussetzungen hervor. Ob Android Go auch in Deutschland erhältlich sein wird, ist noch unklar.Künstliche Intelligenz – Erklärstück 22.55