Es bezeichnet sich selbst als „Arschloch des Internets“ – und das nicht ohne Stolz. Das Imageboard 4Chan macht immer wieder Schlagzeilen, etwa weil die grausamen Whatsapp-Chats des Kindermörders Marcel H. dort auftauchten und regelrecht gefeiert wurden. Immer wieder sorgt das vor allem für seine ekligen und bisweilen grausigen und teils rechtsradikalen Inhalte bekannte Board aber auch für positive Überraschungen – und hat wohl ein Mathe-Problem gelöst, an dem Forscher seit 25 Jahren rätselten.
Dabei geht es um die Frage, wie man alle möglichen Kombinationen einer bestimmten Zahlenreihung mit möglichst wenigen Schritten darstellt, eine sogenannte Superpermutation. Was abstrakt klingt, hatte für die Nutzer bei 4Chan einen sehr konkreten Nutzen: Sie wollten bereits im September 2011 dringend herausfinden, in welcher Reihenfolge man die Anime-Serie „Die Melancholie der Haruhi Suzumiya“ am besten schaut. Und knackten dabei quasi nebenbei das Rätsel.4chan Herne Marcel Mord 15.15
Mit Anime zum Mathe-Beweis
Das berichtet das Wissenschafts-Magazin „Quanta“. Der Stein des Anstoßes: Die Zeitreise-Serie wurde zunächst in nichtlinearer Reihenfolge ausgestrahlt, auf DVD dann aber in eine vermeintlich feste Reihenfolge gepresst. Bei der 4Chan-Diskussion stachelten sich die Fans gegenseitig an, sie in immer neuen Reihenfolgen anzuschauen – und fragten sich schließlich, wie viele Kombinationsmöglichkeiten es geben könnte.
Ein anonymer Nutzer beantwortete die Frage: Mit einer komplexen Formel belegte er, dass man mindestens 93.884.313.611 Folgen der 14 Folgen lange Serie schauen müsste, um alle Kombinationen gesehen zu haben. Das Spektakuläre dabei: Er löste damit ein seit mindestens 1993 bestehendes Matheproblem. Damals wurde eine andere Formel für die Frage vorgeschlagen, sie funktionierte aber nur für Reihen mit weniger als sechs Einheiten.Rätsel Traktor Werbung 15.35
Unentdeckte Entdeckung
Die Entdeckung blieb zunächst von der Forschergemeinde unbemerkt. Ein einziger Mathematiker stieß auf den Post und speicherte ihn, kümmerte sich aber nicht weiter darum. Erst vor etwa einem Monat kam sie plötzlich wieder zum Vorschein. Der australische Science-Fiction-Autor Greg Egan hatte eine neue Obergrenze zur Berechnung von Superpermutationen herausgefunden. Dadurch kam der 4Chan-Post auch in der Öffentlichkeit an.
Mathematiker prüften darauf hin die vorgeschlagene Lösung – und bestätigten ihre Korrektheit. Auf der Suche nach der perfekten Serien-Folge hatte der immer noch anonyme Poster tatsächlich die Untergrenze der Superpermutation definiert.
Die Mathematiker stehen nun vor einer neuen Herausforderung: Die Obergrenze und die Untergrenze sollen nun in eine einzelne Formel kombiniert werden. Hoffentlich müssen sie dazu nicht wieder auf anonyme Hilfe hoffen.
Quelle:Quanta Magazine