Digitalradio: DAB statt UKW: Die Zukunft des Radios ist rauschfrei

Auch wenn der Siegeszug des Musikstreaming längst in vollem Gange ist: Das gute alte Radio hat längst nicht ausgedient. Ob in der Küche, im Büro oder vor allem im Auto: Millionen Deutsche schalten immer noch täglich das Radio ein, lassen sich informieren, unterhalten oder mit Musik berieseln. Ausgerechnet bei dem Medium, das sich selbst gern als das schnellste feiert, scheint die Entwicklung still zu stehen. 

Dabei gilt auch beim Radio: Digital ist besser. Und tatsächlich ist die Radio-Revolution auch schon lange im Gang, nur eben von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Ein digitales Radioangebot ist längst da – wenn man die passenden Empfangsgerät hat. Hier finden Sie einige empfehlenswerte, aktuelle Geräte. Rein äußerlich machen die keinen besonders revolutionären Eindruck. Sie haben Antennen, Lautsprecher und Bedienknöpfe, heraus kommt Musik. Doch in ihrem Inneren arbeitet eine komplett neue Technologie, „Digital Audio Broadcast“, kurz DAB+ genannt.

Vielfalt ohne Rauschen

Auf den ersten Blick sehen DAB+-Radios also aus wie ganz normale Radios. Und die Musik, die herauskommt, klingt auch erst mal nicht ungewöhnlich. Doch eins gibt es bei ihnen nicht, und das ist der vielleicht wichtigste Pluspunkt bei des digitalen Radios: Rauschen. Denn DAB+ bietet durchgehend CD-Qualität. Bratzeln, Zischen und Knacken wie bei UKW üblich, sind abgeschafft. Entweder man befindet sich im Sendebereich und es hört sich gut an. Oder eben nicht. Dann reißt der Empfang komplett ab. Einige Kritiker wollen bei UKW allerdings einen volleren Sound hören.DAB Radios Warentest

Auch die Inhalte, die aus den Digitalradios herauskommen, klingen bekannt. Die meisten Digital-Sender dudeln sonst auch aus UKW-Radios. Deutschlandweit gibt es derzeit 13 Programme über DAB+: den Deutschlandfunk sowie seine Untersender Kultur, Nova und DokDeb (allesamt öffentlich-rechtlich), außerdem zehn Privatsender. Dazu kommen Hunderte regionale Angebote, die aber je nach Bundesland stark variieren. Am besten ausgebaut ist das Angebot in Bayern: 86 Sender sind dort über DAB+ zu empfangen. Es sind große Stationen dabei wie Radio Energy, aber auch eher abseitige wie das Christliche Radio München. Eine vollständige Übersicht aller deutschen DAB-Sender finden Sie hier.

Mehr Frequenzen – mehr Angebot

Dass die Vielfalt so groß ist, hat technische Gründe: Im Vergleich zum UKW-Radio haben nämlich viel mehr Sender auf den Frequenzen Platz. Das liegt am „Multiplexing“. Beim Digitalradio können auf einem Frequenzblock (Kanal) gleich mehrere Programme gesendet werden. Einzig mit der Vielfalt des Internets kann es DAB+ nicht aufnehmen: Wer weiß, wie viele Stationen – von Grönland bis Japan – sich übers Netz empfangen lassen, den kann man damit kaum beeindrucken.

Tatsächlich beziehen immer mehr Deutsche Radio gleich aus dem Internet. Doch DAB+-Radio hat vor allem in der Fläche seine Existenzberechtigung: Abseits der Ballungsräume, wo es nicht unbedingt zuverlässigen mobilen  Internetempfang gibt, zum Beispiel. Auch im Auto ist DAB+ in der Regel zuverlässiger als die Mobilleitung. Und noch eine Überlegung spricht für DAB+: Das Radio geht nicht vom Datenvolumen ab. Außer den Anschaffungspreis für das neue Gerät kostet der Empfang nichts.FS Multiroom DAB

DAB+ mit interessanten Zusatzdiensten

Apropos Auto: Gerade auf der Straße spielt DAB+ seine Vorteile aus. Nicht nur, dass die Anbieter eine tadellose, unterbrechungsfreie Übertragung, zum Beispiel auf der Autobahn, versprechen. Auch der Zusatzdienst TPEG, über den DAB+ Verkehrsinformationen anbietet, ist ein Pluspunkt für die neue Technologie. Die ARD funkt etwa seit dem letzten Jahr ihre Staumeldungen über DAB+ direkt ins Navi.

Doch nicht nur Verkehrs-, auch andere Informationen werden bei DAB+ unsichtbar und unhörbar mitgesendet. Da gibt es den Dienst „Dynamic Label plus“, mit dem Texte auf dem Radio-Display abgebildet werden können: Fußballtabellen zum Beispiel, Wettervorhersagen oder Wahlergebnisse. Sogar Bilder („Slideshows“) können über das Radiosignal ausgesandt werden. Sie erscheinen dann zum Beispiel in Form von Album-Covern auf dem Bildschirm des Radiogeräts – sofern es über einen solchen verfügt. Einige Sender unterfüttern ihre Sendungen beim „Visual“ Radio“ so mit Konzertfotos der aktuellen Künstler und anderem.

Noch nicht überall zu empfangen

DAB+ ist nicht der erste Versuch, Digitalradio in Deutschland einzuführen. Schon in den 1990ern gab es mit DAB (ohne +) einen Vorläufer, und der floppte grandios. Zu wenig Sendeleistung, zu teure Empfangsgeräte, kein Bedarf beim Kunden. Schließlich wurde DAB wieder eingestampft. Wer sich ein Gebrauchtgerät anschaffen will, zum Beispiel bei Ebay, sollte deshalb unbedingt darauf achten, dass es sich um ein Gerät mit DAB+-Gerät (mit +) handelt!

Bleibt noch das Argument mit der Umwelt. Ökologischer als alles bisherige soll das neue Digitalradio sein, betonen die DAB+-Initiatoren gern. Und tatsächlich ist der Sendebetrieb im Vergleich zu stromintensiven Internetradios und zu UKW im Vorteil, denn DAB+ nutzt seine Frequenzen effizienter. Dennoch ist das Schlagwort „Green Radio“, mit dem sich die DAB+-Macher rühmen, ein wenig in die Tasche gelogen. Denn Energie eingespart würde natürlich nur, wenn der UKW-Betrieb gleichzeitig eingestellt und durch DAB+ ersetzt würde. Zurzeit wird aber munter parallel gefunkt. Und: Die aktuellen DAB-Empfänger verbrauchen zur Zeit noch minimal mehr Strom als klassische UKW-Äquivalente.So machen Sie Ihr Autoradio digital

UKW bleibt lebendig

Tatsächlich wird der Parallelbetrieb wohl noch etwas weitergehen. Voraussetzung für eine Abschaltung wäre ohnehin, dass die Deutschen sich bis dahin flächendeckend mit DAB+-fähigen Geräten eingedeckt hätten. Das könnte aber noch dauern. 11,8 Millionen DAB+-fähige Geräte wurden in Deutschland verkauft, 17 Prozent der deutschen Haushalte haben damit mindestens ein passendes Gerät im Einsatz, meldete gerade eine Studie von „WorldDAB“. Von der Massenverbreitung klassischer UKW-Radios ist man damit aber noch weit entfernt.

Wie schnell der Wechsel kommt, weiß niemand. Die große Koalition hatte im Koalitionsvertrag beschlossen, das Digitalradio „als niedrigschwelliges Medium zu stärken“.  Erklärtes Ziel ist, die Digitalisierung des Radios voranzutreiben. Im Sommer sah es kurz so aus, als drohte eine teilweise UKW-Abschaltung aus ganz anderen Gründen: Der Radionetz-Betreiber Media Broadcast hatte Anfang des Jahres Hunderte UKW-Antennen verkauft. Die neuen Betreiber verlangen teilweise deutlich höhere Mieten für ihre Dienste – und drohten, bei Nichteinigung die Frequenzen abzuschalten. Erst nach Einschalten der Bundesnetzagentur konnte der Streit beschwichtigt werden.

Für die Käufer eines DAB+-Gerätes hat die Unsicherheit aber einen klaren Vorteil: Bislang kann jedes DAB+-Radio, das es im Handel gibt, auch UKW empfangen – und ist damit sowohl rückwärtskompatibel als auch zukunftstauglich.

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