Wenn es immer mehr Menschen gibt, wird der Platz auf der Erdoberfläche auch immer knapper. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Lebensmitteln. Eine Methode, dem Problem Herr zu werden, ist es, Gemüse in „Fabriken“ herzustellen. Der Vorteil dabei: Durch die Aufzucht in Regalen und den Bau mehrere Geschosse wird jeder Quadratmeter Erdoberfläche mehrfach ausgenutzt.
Cannabis wird – weil illegal – schon lange in Gebäude angebaut, anstatt Sonne gibt es künstliches Licht. Für andere, legale Pflanzen wird das Verfahren attraktiv, weil es heute möglich ist mit deutlich weniger Energie, das benötigte Licht herzustellen.Grafik I
Platz für 25.000 Farmen
Der Präsident der Gesellschaft für nachhaltige Energietechnologie, Prof. Saffa Riffat, glaubt, dass alte Kohlebergwerke „perfekte“ unterirdische Lebensmittelfarmen sein könnten. Der Vorteil: Verlassene Bergwerke gibt es im Vereinigten Königreich in große Zahl. Hallen oder Tunnel müssen nicht neu angelegt werden. Selbst die nötige Infrastruktur für Strom, Wasser und Transport ist bereits vorhanden.
In Großbritannien soll es über 150.000 stillgelegte Schächte geben. Zusammen macht das die ungeheure Fläche von 25.000 Quadratkilometern, so Wissenschaftler der University of Nottingham. Das wären 25.000 Gemüse-Farmen mit 100 Hektar Fläche. Wobei jeder Hektar Grundfläche zu mehreren Hektar Anbaufläche führt.Grafik II
„Ich bin sehr gespannt auf das enorme Potenzial. Anstatt so viel Lebensmittel auf dem Luft-, Schienen- und Seeweg zu importieren, könnten wir hier viel davon in großen Mengen anbauen“, sagte Prof. Riffat der BBC. Seine Vision für die letzten aktiven Zechen: Die Bergleute sollten nicht entlassen werden, sondern zu Untergrund-Farmern umgeschult werden.
„Wir haben ein großes Problem mit der Nahrungsmittelproduktion und der Versorgung der Weltbevölkerung, die bis 2050 voraussichtlich neun Milliarden erreichen wird“, so Riffat von der Universität von Nottingham. „Wir müssen das für unsere Zukunft tun. Wir haben einen wachsenden Bedarf an Nahrungsmitteln, vor allem in den Städten, aber weniger Platz, um sie anzubauen.“
Interesse in China
Tunnel und Kavernen haben einen offenkundigen Mangel, sie verfügen über kein Tageslicht. Es muss künstlich erzeugt werden. Doch die Tiefe hat beim Anbau von Pflanzen viele Vorteile – neben dem geringen Platzbedarf auf der Oberfläche. Es gibt keine Jahreszeiten und keine Unwetter. Unter Tage lassen sich permanent ideale Bedingungen erzeugen. Jahreszeitliche Trockenperioden gibt es nicht. Im Gegenteil, die meisten Bergwerke liegen so tief, dass die Schächte durch Pumpen trockengehalten werden müssen.
Weiterer Vorteil: In der Tiefe wird es kuschelig warm – ideale Bedingungen zum Wachstum. In einem Schacht von 50 Quadratmetern lassen sich mit industriellen Methoden daher bis zu 80 Tonnen Lebensmittel pro Jahr produzieren, so eine Studie der Universität. Unter Tage lassen sich 10 Erntezyklen pro Jahr erreichen, verglichen mit ein bis zwei Zyklen in der konventionellen Landwirtschaft.
Neben den britischen Behörden soll auch China Interesse an dem Konzept haben. Das Land in Fernost hat trotz der Ein-Kind-Politik der vergangenen Jahrzehnte ein kräftiges Bevölkerungswachstum hingelegt. Gab es im Jahr 2000 rund 1,27 Milliarden Chinesen, sind es 2018 laut Hochrechnungen rund 1,4 Milliarden Menschen, die in China leben. Da Chinas Bevölkerung stark überaltert, soll es bald eine Drei-Kind-Politik in China geben. Das würde abermals für einen Bevölkerungsanstieg sorgen.
Quelle: BBC – Old coal mines can be ‚perfect‘ underground food farms