Umstrittene Verknüpfungen: Facebook verteidigt Datenzugang für Microsoft und Netflix

Facebook hat nach neuen Vorwürfen den Zugang zu Nutzerdaten für Firmen wie Microsoft, Netflix oder Spotify verteidigt.

Das Online-Netzwerk betonte, die Schnittstellen seien dazu gedacht gewesen, Nutzern den Kontakt zu ihren Facebook-Freunden auf den anderen Plattformen zu ermöglichen.

Sie seien auch lediglich nach einer Anmeldung aktiviert worden, hieß es in einem Blogeintrag. Die «New York Times» berichtete zuvor unter anderem, Microsofts Suchmaschine Bing habe Zugriff auf die Namen von Facebook-Freunden eines Nutzers gehabt und die Streamingdienste Netflix und Spotify auf die privaten Nachrichten.

Solche Verknüpfungen von Facebook-Accounts mit anderen Diensten werfen nicht zum ersten Mal Fragen auf. Das Online-Netzwerk sieht darin keine Verletzung der Datenschutz-Vorgaben: Die Nutzer hätten einfach auf der Plattform der Partner-Firma den Zugang zu ihren Facebook-Daten gehabt. Kritiker argumentieren, dass dabei Daten zum Beispiel Informationen von Freunden ohne deren Zustimmung weitergegeben worden seien.

Zugleich bestätigte Facebook, dass die entsprechenden Schnittstellen zum Teil noch 2017 verfügbar gewesen seien, obwohl der Datenzugang eigentlich 2014 eingestellt wurde. Das hätte nicht passieren dürfen, räumte der zuständige Manager Konstantinos Papamiltiadis ein. Facebook habe aber keine Hinweise darauf, dass es Datenmissbrauch nach dem Ende des Programms gegeben habe. Das Online-Netzwerk nannte auch die «New York Times» selbst in der Liste der Partner, bei denen es eine Verknüpfung mit Facebook-Daten gab.

Die «New York Times» berichtete zugleich auch, dass Facebook von Partnern wie Amazon, Yahoo oder dem chinesischen Smartphone-Anbieter Huawei Daten wie zum Beispiel Kontaktlisten erhalten habe, die dann unter anderem für Freundschaftsvorschläge genutzt worden seien. Das gehe aus internen Unterlagen hervor, die der Zeitung vorliegen. Noch im vergangenen Jahr hätten unter anderem Sony, Microsoft und Amazon E-Mail-Adressen von Facebook-Nutzern über ihre Freunde abrufen können.

Netflix und Spotify bekamen dem Blatt zufolge das Recht eingeräumt, private Nachrichten von Nutzern zu schreiben, zu lesen und zu löschen. Die Streaming-Anbieter erklärten, dies sei ihnen nicht bewusst gewesen.

Stiftung Warentest: Brandwunden und Haarverlust: Glätteisen und Lockenwickler rasseln durch den Test

Man kennt das Dilemma: Wer eine gigantische Lockenmähne hat, wünscht sich nichts sehnlicher als glatte Haare. Und den anderen geht es anders herum. Zum Glück bieten Glätteisen und Lockenstäbe Abhilfe. Doch welche Geräte taugen etwas – und welche sind gar gefährlich? Stiftung Warentest hat sieben Haarglätter und neun Lockenstäbe getestet. Mit erschreckendem Ergebnis.

Eine schockierend hohe Anzahl an Geräten ist gefährlich, urteilen die Tester. Fünfmal gab es bei den Locken-Geräten „Mangelhaft“, zweimal bei den Glätteisen. Alle wurden abgewertet, weil sie bei der Sicherheitsnote durchfielen.Warentest Erkältungsmittel_12.40

Schmerzen und Brandgefahr

Die Gefahren waren unterschiedlicher Art. Zwei der Locken-Dreher, die die Haare mechanisch aufrollen, gaben etwa die Haare nicht mehr frei. Die Testerinnen mussten sie mit Nachdruck und unter Schmerzen herausziehen. Bei den klassischen Lockenstäben droht eine andere Verletzung: Gleich mehrere Probandinnen verbrannten sich an den heißen Stäben, etwa am Hals, an den Ohren und den Fingern. Besonders gefährlich sind allerdings zwei Glätteisen: Weil sie sich nicht selbst abschalten, droht bei Vergessen ein Wohnungsbrand.

Diese Modelle lohnen sich

Besonders ärgern dürfte sich Rossmann: Der Ideenwelt Lockenstab TH 7319 des Drogeriemarkts für nur zehn Euro macht nämlich nach Einschätzung des am Test beteiligten Friseurmeisters die besten Locken. Wegen erheblicher Mängel bei der elektrischen Sicherheit wird er aber abgewertet – und landet statt auf dem ersten auf dem letzten Platz.

Den Testsieg bei den Locken-Geräten sichert sich stattdessen der Philips Style Care Auto Curler BHB876. Der automatische Aufroller hat das zweitbeste Lockenergebnis und ist dabei auch noch sehr sicher. Dafür ist der Preis mit 125 Euro aber auch deutlich höher. Günstiger ist der beste klassische Lockenstab Grundig Curl Sensation Hair Styler HS6430. Er ist ab 26 Euro zu bekommen.

Auch bei den Glätteisen ist das Gerät mit dem besten Frisier-Ergebnis gefährlich: Das von Breuer gebaute und mit Star-Friseur Udo Walz beworbene B9 400 (ab 45 Euro) glättet zwar am besten. Weil es sich aber nicht automatisch abschaltet, wird es wegen Feuergefahr auf „Mangelhaft“ abgewertet. Stattdessen empfiehlt Warentest das Remington Pro-Ion Straight S7710. Es glättet minimal schlechter, ist aber sicher. Zudem bewertet Warentest die Handhabung besser. Der Preis: etwa 28 Euro.

Die vollständigen Tests finden Sie gegen Gebühr hier (Glätteisen) und hier (Lockenstäbe).Stiftung Warentest_Ein Blick ins Labor_11.40

Zweiter Weltkrieg: Wie eine Britin mit ihrer Erfindung die deutschen Jagdflugzeuge ausschaltete

Im letzten Propaganda-Film des Dritten Reiches „Das Leben geht weiter“ fällt ein Silberstreifen vom Himmel. Er trudelt hinunter auf das Liebespaar, die Bibliothekarin Lenore Carius und den Fliegerhauptmann Hoeßlin. Im Film dient der Streifen einer etwas kitschigen Liebesbekundung, dabei lähmten diese Streifen in Wirklichkeit die deutsche Luftverteidigung und bahnten den alliierten Bombern den Weg.

Die Alu-Schnippsel gingen auf die Entdeckung einer Frau zurück. Joan Strothers wuchs in Swansea an der Küste von Wales auf. Nach dem Studiums 1938 ging sie an das renommierte Cavendish Laboratory der Universität, um dort mit einer Promotion in Physik zu beginnen. Dann kam der Krieg. Joan wechselte in die Rüstungsforschung und lernte dort ihren späteren Mann Samuel Curran kennen. Gemeinsam entwickelten sie zunächst Näherungszünder für Luftabwehrwaffen. Die kamen später unter anderem gegen die Raketen zum Einsatz, die die Deutschen auf London abfeuerten.

Dann wechselte das Paar in ein anderes Team: Es sollte eine Methode entwickelt werden, um Flugzeuge vor dem feindlichen Radar zu verbergen. Dabei ging es nicht darum, den Radarschatten einzelner Flugzeuge zu verringern, so wie es Strealth-Jets heute machen. Man wollte das Radar der Deutschen in die Irre führen. Die Alliierten griffen das Deutsche Reich mit riesigen Bomberflotten von bis zu 1000 Maschinen bei Tag und bei Nacht an. Je eher die Deutschen die Bomberpulks entdeckten und deren Kurs und mögliches Ziel identifizieren konnten, umso mehr Abfangjäger konnten sie ihnen entgegenschicken. FS B-17

Einfache Idee 

Schnell kam man auf eine verblüffend einfache Idee: Auch dünne Metallstreifen reflektierten das Radarsignal – in der richtigen Form und in der richtigen Bündelung sollten sie den Schatten eines schweren Bombers simulieren. So einfach und brillant die Idee auch war, so war es keineswegs leicht, das richtige Rezept für die Reflektoren zu finden.Stealth Technik 

Joan Curran arbeitete ein Jahr lang, um den richtigen Reflektor zu finden. 1942 legte sie sich auf Reflektoren fest, die etwa 25 Zentimeter lang und 1,5 Zentimeter breit waren. Es handelte sich um Papierstreifen, die dünn mit Aluminium kaschiert waren. Sie wurden in Paketen von einem halben Kilo zusammengepackt. Wurden sie in regelmäßigen Abständen aus einem Flugzeug abgeworfen, erzeugten die flatternden Streifen einen „Rauchschleier“ für das feindliche Radar. Auch die Deutschen kamen parallel auf die gleiche Idee. Da aber die Zeit der großen Bombenangriffe für die Deutschen bereits vorbei war, blieb die Innovation ohne große Folgen für die deutsche Seite.

In der Nacht besonders wirksam

Für die Briten war die Entdeckung interessanter. Die US-Luftwaffe verfügte über weit bessere und kampfstärkere Bomber als die Royal Air Force, wie die „Fliegende Festung“ B-17. Daher übernahmen die Amerikaner die riskanten Einsätze bei Tage. Die US-Flugzeuge waren am hellen Himmel schon durch ihre Kondensstreifen von weitem zu erkennen. Hier hätte die Täuschung des Radars den Gegner nicht lange verwirren können. Doch die verwundbaren Bomber der Briten wurden nur in der Nacht eingesetzt.  In der Dunkelheit konnten die Bomber ohne Suchscheinwerfer vom Auge nicht entdeckt werden. Die deutschen Nachtjäger wurden von Radaranlagen am Boden zu den Bomberflotten geleitet.

Den ersten Einsatz erlebte die Täuschungstechnik 1943, als die Alliierten Hamburg mit der Operation „Gomorrha“ in einem bis dahin nie dagewesenen Feuersturm verwüsteten. Die britischen Bomber warfen etwa 40 Tonnen Streifen ab. Damit blendete sie die Radargeräte, die die deutsche Flak und die Flakscheinwerfer steuerten.  Bei der Bombardierung setzen die Briten 791 Bomber ein. Im Einsatz verloren sie nur 12 Maschinen. Das waren nur drei Prozent der Flugzeuge, sonst waren es oft mehr als zehn Prozent.Radar

Der „grüne Daumen“ der Wissenschaft

Nicht nur bei den Bombenangriffen, auch bei der Landung in der Normandie spielten die Streifen eine wichtige Rolle. Um die Deutschen zu täuschen, wurden Hunderte von Fallschirmspringer-Püppchen abgeworfen. Am Boden angekommen, sorgte Feuerwerk dafür, dass die wenigen Deutschen in der Gegend, die Puppen für eine kämpfende Truppe hielten. Die Luftflotte, die zu so einer Landung dazu gehörte, wurde von Currans Streifen simuliert.

Nach dieser Erfindung arbeitete Joan Curran weiter in der Rüstungsforschung – auch am Manhattan-Projekt, dem Bau der Atombombe, wirkte sie mit. Ihr Vorgesetzter, der legendäre  Geheimdienstoffizier Reginald Victor Jones, erinnerte sich in seinem Nachruf für Joan Curran, dass ihr Anteil an der Arbeit durchaus größer war, als der ihres weit bekannteren Mannes. Denn das, was man im Garten einen „grünen Daumen“nennt, hätte Joan Curran bei der Forschungsarbeit besessen.

Quellen:

“ The Independent“ – Obituary: Joan Curran

Richard Maddox – The Window Woman

„Smitsonian Magazine“ – The Woman Whose Invention Helped Win a War — and Still Baffles Weathermen

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Keynote-Rede: Facebook-Managerin Sandberg bei DLD-Konferenz in München

Die zuletzt in die Kritik geratene Facebook-Topmanagerin Sheryl Sandberg wird im Januar auf der Innovationskonferenz DLD in München auftreten.

Sandberg wird für eine Keynote-Rede erwartet, wie die Veranstalter am Dienstag mitteilten. Die diesjährige Konferenz vom 19. bis 21. Januar steht unter dem Motto «Optimism & Courage» (Optimismus und Mut).

Sandberg, die bei Facebook für das operative Geschäft zuständig ist, gilt als treibende Kraft hinter dem wirtschaftlichen Aufstieg von Facebook. Als vor einigen Wochen bekannt wurde, dass Facebook eine PR-Agentur engagierte, um Kritiker in ein schlechtes Licht zu rücken, wurde auch Sandberg direkt kritisiert, weil Politik in ihren Zuständigkeitsbereich fällt.

Am 22. Januar ist Sandberg auch beim Fachkongress Digitale Gesellschaft in Berlin dabei.

Breitere Vermarktung: Amazon erwägt Sprach-Mikrowelle nach Deutschland zu bringen

Amazon erwägt, seine Mikrowelle mit Sprachsteuerung doch noch auch in Deutschland zu verkaufen. Das Gerät sei zwar ursprünglich als Referenzmodell zur Demonstration der Einbindung der Sprachassistentin Alexa gedacht gewesen, sagte Amazon-Gerätechef Dave Limp.

Die in den USA knapp 60 Dollar teure Mikrowelle sei aber so populär geworden, dass der Konzern über eine breitere Vermarktung nachdenke. Man wolle allerdings erst sehen, wie sich das Interesse in den kommenden sechs Monaten entwickele.

Der Mikrowelle kann man über einen verbundenen Echo-Lautsprecher von Amazon Kommandos wie «Alexa, wärme den Reis aus» geben. In der zweiten Jahreshälfte 2019 dürften unterdessen auch diverse Hausgeräte anderer Hersteller mit Alexa-Sprachsteuerung in den Handel in Deutschland kommen, sagte Limp. Amazon bietet dafür einen Einbau-Chip an. Mit Herstellern werde bereits an der Integration gearbeitet. Sie könnten dabei auch eigene Weck-Wörter statt «Alexa» verwenden.

In Deutschland habe Amazon «Millionen» Alexa-Nutzer, sagte Limp ohne konkretere Angaben. Im aktuellen Weihnachtsgeschäft habe sich das neue Modell des Lautsprechers Echo Show mit größerem Display im weltweiten Vergleich hierzulande besonders stark verkauft. Amazon hatte mit den Echo-Geräten die Kategorie der vernetzten Lautsprecher mit Sprachassistenten an Bord überhaupt erst etabliert. Inzwischen sind Google und Apple auf Aufholjagd.

Amazon habe das Echo-Projekt ungefähr zeitgleich mit seinem schnell gescheiterten Handy Fire Phone angestoßen, sagte Limp. Das Smartphone, das unter anderem Artikel zum Nachbestellen erkennen sollte, war ein Flop und wurde weniger als ein Jahr nach dem Start 2014 vom Markt genommen. Limp dämpfte die Aussichten auf eine Rückkehr in das Geschäft: «Wir würden nur ein Telefon bauen, wenn es sich sinnvoll von den anderen unterscheiden könnte.»

Darin, dass Alexa-Nutzer dadurch auf die Software nicht gleichermaßen außerhalb des Hauses zugreifen können wie auf den Google Assistant auf Android-Telefonen oder auf Apples Siri auf dem iPhone, sieht Limp keinen größeren Nachteil für Amazon. «Das erlaubt es uns, keinen mobilen Assistenten bauen zu müssen», sondern sich auf Funktionen fürs Zuhause zu konzentrieren.

Zugleich arbeitet der Konzern daran, Alexa im Auto direkt in die Infotainment-Anlagen zu integrieren. Als Nachrüstlösung testet Amazon zunächst in den USA das kleine Gerät Echo Auto, mit dem man per Sprachbefehl zum Beispiel die Musik auswählen oder von unterwegs vernetzte Geräte daheim steuern kann. Der Plan sei, es mit der Zeit auch in andere Länder wie Deutschland zu bringen, sagte Limp. Echo Auto sei zwar grundsätzlich eine Übergangslösung – die aber angesichts der langen Produktzyklen in der Autoindustrie auch längere Zeit im Markt bleiben könnte.

Der Streaming-Dienst Apple Music soll im kommenden Jahr auch in Deutschland auf Echo-Lautsprechern verfügbar sein, bestätigte Limp. Bisher gibt es die Integration nur in den USA. Apple hat mit dem HomePod selbst ein – teureres – Echo-Konkurrenzgerät im Angebot. Dass der hauseigene Musik-Service nur auf diesem Lautsprecher direkt verfügbar war, war zunächst als Kaufanreiz dafür gewertet worden.

Tech-Branche: Sex-Skandale, Killerdrohnen, Datenlecks: Wie das Silicon Valley 2018 seine Unschuld verlor

Es hatte ein bisschen etwas von Woodstock in der Hippie-Zeit: Jahrzehntelang strömten talentierte Menschen in die Bucht von San Francisco, um an der digitalen Revolution zu arbeiten – mit frischen Ideen, einem unbändigen Willen zum Unkonventionellen und Kapuzenpulli statt Krawatte. Doch die Fassade vom einstigen liberalen Wunderland hat dieses Jahr gewaltig gelitten. Das einst so unschuldig wirkende Silicon Valley wurde 2018 von einem moralischen Erdbeben nach dem anderen erschüttert – von Sex-Skandalen über Datenlecks bis zu fragwürdigen Rüstungsprojekten.

Schon zum Jahreswechsel wurde dem männerdominierten Valley ein hässliches Bild im Spiegel vorgehalten: Nachdem die #metoo-Bewegung und ihre Enthüllungen Hollywoods Machtelite zum Wanken gebracht hatte, trauten sich auch zahlreiche Frauen aus der Tech-Branche über ihre Erfahrungen zu berichten. Und auch dort sah es wenig rosig aus. Von ständigen, unerwünschten Baggereien, über frauenfeindliche Einstellungen bis in die Chefetagen, bis zu ernsthaften Missbrauchsvorwürfen kamen Dutzende kleinere und große Skandale ans Tageslicht und ließen die testosterongetränkte Luft des Valley deutlich dünner werden. Als dann noch bekannt wurde, dass Agenturen Tech-Parties mit heißen Frauen versorgten und ein Buch enthüllte, dass einige der ganz Großen der Branche regelmäßig wahre Sex-Orgien feierten, war klar: Den Sexismus hatte die digitale Revolution nicht überwunden.Google Proteste Maven 6.04

Geld oder Moral?

Doch auch um andere Grundsätze ist es immer schlechter bestellt. Während in anderen Branchen die Arbeit mit dem Militär und Diktaturen zum schmutzigen Alltag gehört, mieden viele der größten Tech-Firmen solche Geschäfte lange erfolgreich. Doch dieses Jahr entschieden sich immer mehr Unternehmen, das Militär-Geld anzunehmen. Selbst Google – einst für den Slogan „Don’t be evil“ („tue nichts Böses“) bekannt – schockte dieses Jahr gleich mit mehreren fragwürdigen Projekten. Unter dem Namen „Project Maven“ unterstützte man etwa das US-Militär mit Künstlicher Intelligenz bei der automatischen Objekterkennung von Drohnen – und damit möglicherweise indirekt auch beim Töten von Menschen. Auch das „Project Dragonfly“ sorgt für mächtig Ärger: Nachdem Google sich jahrelang vom chinesischen Markt zurückgezogen hatte, bastelt der Konzern nun eine eigene Suchmaschine für die Volksrepublik, inklusive automatischer Zensur gegen die lästigen Dissidenten.

Bei den Mitarbeitern sorgt das für Furore. In offenen Briefen und Protestmärschen machen sie ihrem Ärger Luft. Auch über den Umgang mit der Kritik wird geklagt. „In den letzten Monaten bin ich immer enttäuschter gewesen, wie die Firma reagiert und wie mit den Sorgen der Menschen umgegangen wird“, erklärte einer der gegen Maven potestierenden Mitarbeiter gegenüber „Gizmodo“. In einem offenen Brief beklagten Google-Mitarbeiter vor kurzem ein regelrechtes Kippen des Konzerns. Lange hätten sie geglaubt, dass Google seine Werte über den Profit stellte, „wir glauben nicht mehr, dass das der Fall ist“. Der Konzern zeigte am Ende Einsicht: Project Maven wurde nicht verlängert, eine Bewerbung für einen weiteren Rüstungsauftrag eingestellt.Microsoft überholt Apple 21.09

Volle Unterstützung für das Militär

Microsoft dagegen setzt voll auf das Militär als Kunden. Gerade wurde bekannt, dass der Konzern einen 480-Millionen-Auftrag des Pentagons gewonnen hatte, um die Truppen mit der Mixed-Reality-Brille Hololens auszustatten. Diese ist zwar für den zivilen Einsatz entwickelt worden. Beim Pentagon ist der Auftrag aber Teil des JEDI-Programms – und das soll laut dem US-Militär-Sprecher „die Tödlichkeit unserer Abteilung erhöhen“.

Bei Microsofts Angestellten sorgt das für Bauchschmerzen. In einem offenen Brief bei  „Medium“ forderten sie im Oktober, dass der Konzern seine Bewerbung um einen gigantischen Militärauftrag zurückzieht. „Wie sollen wir Mitarbeiter, die diese Dienste entwickeln und pflegen, wissen, ob unsere Arbeit bei der Erstellung von Personen-Profilen, bei der Überwachung oder beim Töten benutzt wird?“, fragen die Mitarbeiter darin. Sie fordern klare, moralische Richtlinien und entsprechende Grenzen, wofür die Technik des Konzerns verkauft werden darf. Die Verfasser des Briefes dürften aktuell ziemlich enttäuscht sein. In einer Rede machte Microsoft-Präsident Brad Smith am Wochenende klar, dass der Konzern das Militär auch weiter „mit der besten Technologie versorgen wird, die wir entwickeln. Und zwar aller Technologie, ohne Einschränkung.“ Wer damit nicht einverstanden sei, könne sich ja versetzen lassen, erklärte der Konzern schon im Oktober in einem Blogpost. „Wir unterstützen flexibles Arbeiten“, heißt es dort trocken in Bezug auf Mitarbeiter mit moralischen Bedenken.Amazon Doku 18.30

Geschäfte im Skandal

 Amazons Angestellte haderten im Sommer ebenfalls mit einem moralisch schwierigen Projekt. Der Konzern suchte Gespräche mit dem US-Grenzschutz ICE um seine Gesichtserkennungs-Software zu verkaufen, auch hier gegen Proteste seiner Angestellten. Die Behörde macht seit Monaten Schlagzeilen, weil sie im Auftrag der Trump-Regierung illegale Einwanderer von ihren Kindern trennt. Zuvor hatte Amazon die Software schon an Polizei-Einheiten in Oregon und Florida ausgeliefert.

Für die größte Erschütterung sorgte indes Facebook – zumindest in den USA. Mit dem Skandal um den US-Wahlkampf 2016 und die Rolle des von Steve Bannon mitgegründeten Schnüffel-Unternehmen Camebridge Analytica ist der Konzern in seiner Heimat in eine gigantische Vertrauenskrise geschlittert. Dabei müssen sich Mark Zuckerberg und sein Team jede Menge unangenehme Fragen gefallen lassen, welche Daten der Konzern eigentlich erhebt und wie genau sie genutzt werden. Unter anderem wurde bekannt, dass Dutzende Unternehmen die Daten von Millionen Nutzern direkt abrufen konnten, in internen Mails wurde gar über den direkten Verkauf der Daten nachgedacht. Bisher nutzt Facebook sie nach eigenen Angaben nur für Werbung.Zuckerberg Interview_13.10Uhr

Das Ende der Unschuld

Als Hort des Datenschutzes galt Facebook zwar noch nie, das Ausmaß des Skandals ist aber ein neues. Zuckerberg musste vor dem US-Kongress und dem EU-Parlament aussagen, der langjährige Sicherheits-Chef Alex Stamos legte gar sein Amt nieder. Das Facebook Motto „Move fast and break things“ (etwa: Handle schnell und fürchte dich nicht, etwas kaputt zu machen) klang nicht mehr nach mutigen Kreativen, sondern nach rücksichtslosen Geschäftemachern.

In den Nachbeben werden nun auch andere Tech-Größen wie Google-Chef Sundar Pichai vor den Kongress zitiert und muss sich für vermeintliche Benachteiligungen republikanischer Kandidaten bei Google-Suchen rechtfertigen. Auch Apple-Chef Tim Cook mischte sich in die Daten-Debatte ein – und forderte reichlich untypisch eine Regulierung der Tech-Konzerne bei der Datenverarbeitung.

Ob die Konzerne aber tatsächlich Konsequenzen fürchten müssen, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Von Seiten der Kunden und der Wirtschaft scheint zumindest aktuell keine Gefahr zu drohen. Die Nutzungs- und Verkaufszahlen sind weiter hoch. Schwankungen an der Börse lassen sich bisher mit wirtschaftlichen und nicht mit moralischen Entscheidungen erklären. Die unschuldige Naivität des Silicon Valley aber, sie scheint verflogen.

Quellen: LA Times, New York Times, Medium, Techcrunch, Microsoft, Daily Beast, Gizmodo

Test per Lügendetektor: Unternehmen bietet 100.000 Dollar für ein Jahr ohne Smartphone

Smartphones sind allgegenwärtig. So gut wie jeder Mensch trägt einen dieser kleinen Computer in seiner Hosentasche mit sich herum, wir verbringen unheimlich viel Zeit mit ihnen und beinahe überall sieht man Leute auf den Dingern herumtippen. Deutsche Nutzer zwischen 16 und 34 Jahren verbringen laut einer Studie aus dem Jahr 2017 etwa 70 Minuten täglich an ihrem Handy. Wie ein Leben ohne Smartphone aussieht, das können sich viele gar nicht mehr vorstellen – und wollen es wahrscheinlich auch nicht ausprobieren.

Auch nicht für 100.000 Dollar? So viel Geld bietet nämlich die Firma Vitaminwater einer Person, die ein ganzes Jahr lang auf ihr Smartphone verzichtet. Auf seiner Website ruft der Getränkehersteller zu Bewerbungen auf. 

Um mitmachen zu können, muss man auf Twitter oder Instagram einen Post teilen, in dem man erklärt, womit man lieber seine Zeit verbringen würde als mit Bildschirmscrollen. Noch zwei Hashtags dazu, dann ist man in der Verlosung. 

365 Tage ohne Smartphone – mit Lügendetektor-Test

Die Bedingungen für den großen Preis: Man darf 365 Tage lang sein Smartphone oder Tablet nicht benutzen . Damit sind Handys gemeint, die einen Internetzugang haben. Ein altmodisches Tastenhandy für Anrufe ist also in Ordnung, ebenso wie Laptops oder Desktop-Computer. Berufliche Zwecke sind allerdings keine Ausnahme. Zuvor soll man das Smartphone täglich benutzt haben.

Bis zum 8. Januar läuft der Bewerbungsprozess noch, danach sucht das Unternehmen, das zu Coca-Cola gehört, einen Gewinner aus, der sich an dem „Scroll free“-Jahr versuchen darf. Zugelassen sind allerdings nur Menschen, die zur Zeit in den USA leben. Um sicherzustellen, dass der Kandidat tatsächlich alle Anforderungen eingehalten und das ganze Jahr lang auf Smartphones verzichtet hat, muss sich der Teilnehmer am Ende des Jahres einem Lügendetektor-Test unterziehen. Erst wenn er diesen besteht, bekommt er auch das Preisgeld von 100.000 Dollar. Sollte er nicht ganz so lang durchhalten, geht er auch nicht leer aus. Laut Regularien bekommt ein Teilnehmer, der das Experiment nach einem halben Jahr abbricht, immerhin noch 10.000 Dollar.

Quelle: Vitaminwater, BDVW Marktforschung

Ärzte warnen: Das Smartphone macht unsere Augen kaputt 13.10