SSDs mit 10 Terabyte Speicher: Ultraschnell und spottbillig: Die Festplatten-Revolution beginnt

Stellen Sie sich vor, Sie drücken auf einen Lichtschalter, doch das Licht geht erst 30 Sekunden später an. Die meisten Menschen würden vermutlich wahnsinnig werden. Beim Computer dagegen beweisen die Nutzer stoische Geduld, obwohl einige Kisten mitunter eine Minute oder länger zum Hochfahren benötigen. In Büros werden aufs Jahr gerechnet Stunden oder gar ganze Arbeitstage mit Warten vertrödelt.

Der Flaschenhals im Rechner ist oft die Festplatte. Dabei gibt es mit SSDs („Solid State Drive“) längst eine technisch deutlich überlegene Alternative. Sie sind nicht nur schneller, sondern auch robuster und leiser als mechanische Festplatten Außerdem werden sie nicht so warm und entlasten so den Lüfter. Trotzdem verzichten immer noch viele Hersteller bei Einsteiger- und Mittelklasse-Notebooks auf die schnellen Flashspeicher.

Dabei sind SSDs mittlerweile alles andere als ein Luxusgut: Extrem flinke Modelle mit 500 Gigabyte Speicherplatz gibt es bereits für weniger als 150 Euro. Das Technologie-Unternehmen Micron verkauft unter der Marke Crucial echte Preisbrecher-SSDs, demnächst soll ein Modell mit zwei Terabyte für unter 600 Euro auf den Markt kommen. Damit dürften selbst Musik- und Bilder-Horter eine Weile über die Runden kommen. Doch die wahre Speicher-Revolution steht erst bevor.

Stapeln statt minimieren

Denn um die Kapazität eines Flash-Speichers – beispielsweise einer SD-Karte – zu erhöhen, mussten die Hersteller bislang immer mehr Transistoren auf der gleichen Fläche unterbringen. In den letzten 15 Jahren schrumpften sie von 120 auf 16 Nanometer. Dennoch stoßen die Hersteller an physikalische Grenzen: Viel kleiner können die meisten Transistoren nicht mehr werden, dann steigt die Fehlerquote beträchtlich.

Mit 3D-NAND (auch V-NAND) gewinnt nun aber eine neue Technik an Popularität: Vereinfacht gesagt, werden die Transistoren jetzt auch vertikal, also übereinander gestapelt. Das Prinzip funktioniert wie ein Hochhaus: Statt immer mehr kleine Häuser nebeneinander zu stellen, ist es effektiver, hohe Häuser mit mehreren Etagen zu bauen. Derzeit ist man bei 48 Schichten angekommen, die angepeilte Zielmarke der vierten Generation sind 64. Federführend in der Entwicklung sind Samsung, Intel und Micron.IFA startet mit Rekordwerten

Mini-Festplatten mit viel Speicher

Glaubt man den Unternehmen, könnte man dank 3D-NAND-Technologie SSDs von der Größe eines Kaugummis mit bis zu 3,5 Terabyte Speicher bauen. Eine herkömmliche 2,5-Zoll-Festplatte, wie sie in den meisten Laptops steckt, soll gar zehn Terabyte bieten. Speichersorgen adé! Ganz so weit ist die Technik noch nicht, derzeit erreicht man etwa „nur“ das Dreifache eines herkömmlichen Speichers. Und es gibt noch einen weiteren Nachteil: Die Fertigung von 3D-NAND-Speichern ist hochkomplex, weil jede Transistor-Spalte akkurat ausgerichtet werden muss.

Angekündigt wurde die Technik vor wenigen Jahren, nun gibt es bereits die ersten Produkte auf dem Markt. Intel hat im Rahmen der IFA seine 600p-Serie von 3D-NAND-SSDs vorgestellt. Revolutionäre Speichergrößen bietet die noch nicht, verfügbar sind die Festplatten mit 128, 256, 512 und 1024 Gigabyte. Das Unternehmen verspricht aber eine niedrige Leistungsaufnahme und eine höhere Lebensdauer.

Viel schneller als heutiger Speicher

Der Großteil der Nutzer wird ohnehin keine 10-Terabyte-Festplatten benötigen. Dennoch profitieren auch sie von der neuen Technik. Denn kleine Platten mit zwei oder vier Terabyte dürften in naher Zukunft deutlich erschwinglicher sein.

Und selbst 3D-NAND ist nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Entwicklungen. Intel und Micron arbeiten längst an einer Technologie namens 3D XPoint, die weit über bisherige Technik hinausgeht. Grob gesagt kombiniert sie die Vorteile eines nichtflüchtigen Speichers (CD, HDD) mit den Vorteilen eines flüchtigen Speichers (etwa RAM). Das Ergebnis: Der Speicher ist derzeit bis zu zehnmal schneller und 2,5-mal haltbarer als heute erhältlicher NAND-Speicher. Erste Prototypen wurden bereits gezeigt. Intel träumt sogar von Flash-Speichern mit bis zu 1000-fachem Speed – ob die jemals erreicht werden und ob die Technik überhaupt bezahlbar wird, ist unklar.

Dennoch ermöglicht die Technik neue Konzepte, etwa in der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz, wie der Analyst Patrick Moorhead dem Magazin „Wired“ im vergangenen Jahr erklärte. Big-Data-Analysen müssten nicht mehr in riesigen Datenzentren verarbeitet werden. „Statt die Daten Amazon oder Google zu geben und diese analysieren zu lassen, machen sie das einfach selbst.“

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