Man, ist das groß! Das war mein erster Gedanke, als ich das Galaxy S8 zum ersten Mal in der Hand hielt. Und gleichzeitig dachte ich: Mensch, ist das klein! Der riesige Bildschirm in dem vergleichsweise schmalen Gehäuse beeindruckte mich schon bei meinem ersten Hands-on vor wenigen Wochen in London. Seitdem habe ich das Galaxy S8 rund zwei Wochen im Alltag ausprobiert. Vieles hat mir gefallen, einiges nicht, ein Feature war ein Totalausfall. Hier sind meine Erfahrungen mit Samsungs neuer S-Klasse.
Toll: der riesige Bildschirm des Galaxy S8
Der Bildschirm des „kleinen“ Galaxy S8 misst 5,8 Zoll, beim großen Plus-Modell erstreckt er sich sogar über 6,2 Zoll. Das sind beinahe Tablet-Ausmaße. Ich habe relativ kleine Hände, Brocken wie das Nexus 6 sind für mich deshalb kaum bedienbar und passen auch nur mit Mühe und Not in die Hosentasche. Toll finde ich die Riesendisplays trotzdem.
Man muss den Samsung-Entwicklern deshalb hoch anrechnen, dass es ihnen gelungen ist, das Beste aus beiden Welten miteinander zu verbinden. Das Galaxy S8 kann ich mit etwas Gewöhnung und ein paar Software-Tricks (dazu später mehr) einhändig bedienen, trotzdem bietet der Bildschirm jede Menge Platz. Erstmals ist das Display bei beiden Modellen zu den Rändern hin abgerundet, was dem Handy einen edlen Touch verleiht. Blickt man direkt auf den Bildschirm, scheint er sich nahezu über die komplette Front zu erstrecken. Zumindest bis man einen Film bei Netflix und Co. startet: Da die Streifen häufig im 16:9-Format vorliegen, gibt es dicke schwarze Ränder.
Dennoch: War Apple beim Design lange das Maß aller Dinge, zeigt Samsung den Ingenieuren in Cupertino nun endgültig, wo der Hammer hängt. Im direkten Vergleich wirkt das iPhone 7 Plus mit seinem großen Rahmen klobig. Man darf gespannt sein, wie das Team um Tim Cook im Herbst kontern wird.Galaxy S8 Modelle
Weniger toll: der Fingerabdruckscanner
Die Kehrseite des großen Bildschirms: Der Home-Button wurde abgeschafft und durch einen virtuellen Button an der Display-Unterseite ersetzt. Daran gewöhnt man sich schnell, schließlich setzen viele Android-Hersteller auf virtuelle Knöpfe (etwa HTC und Sony). Der Fingerabdruckscanner wanderte von der Vorder- auf die Rückseite, der Sensor ist nun direkt neben der Kamera angebracht. Da diese nicht wie in früheren Generationen weit aus dem Gehäuse herausragt (was gut ist), lande ich mit dem Zeigefinger häufig auf der Linse. Die Platzierung ist eine klare Fehlentscheidung.
Wie es besser geht, zeigen etwa Huawei und Sony: Huawei platziert den Sensor bei den meisten Modellen ein Stück weit unterhalb der Kamera, Sony verbaut ihn im An/Aus-Schalter im seitlichen Gehäuserand. Hoffentlich wählt Samsung beim nächsten Mal eine andere Lösung – oder verbaut den Scanner gleich direkt im Display.
Glücklicherweise hat das Galaxy S8 gleich ein paar Alternativen zum Fingerscanner an Bord. Neben der PIN und dem Wischmuster gibt es auch einen Iris-Scanner und eine Gesichtserkennung. Beide Technologien entsperren das Gerät zuverlässig, einige Tester konnten die Sicherheitsmechanismen aber schon mit einem einfachen Foto umgehen. Mich störte, dass man beim Iris-Scanner das Gerät jedesmal nah und frontal vor das Gesicht halten muss. So schnell wie der Fingerabdruckscanner sind beide Lösungen nicht.S8-FS 2152
Scharf: das Display
Noch einmal zum Bildschirm, dem Herzstück des Galaxy S8. Die Auflösung beträgt bei beiden Modellen 2960 x 1440 Pixel. Das entspricht einer Pixeldichte von 570 ppi. Zum Vergleich: Apples ähnlich großes iPhone 7 Plus löst mit 401 ppi auf. Aber braucht man überhaupt so viele Bildpunkte? Nicht unbedingt. Der Bildschirm des iPhone 7 Plus zählt immer noch zu den besten am Markt. Doch bei der Darstellung von 4K-Filmen und im Einsatz in Virtual-Reality-Filmen (etwa der überarbeiteten Gear VR) macht sich das Mehr an Pixeln bemerkbar. Das Galaxy S8 ist außerdem das erste Samsung-Smartphone, das den Bildstandard HDR (High Dynamic Range) unterstützt. Dieser erweitert das Farbspektrum und sorgt für höhere Kontraste. Trotz der vielen Bildpunkte kommt der extrem schnelle Prozessor nicht ins Stocken.
Gut gefallen hat mir die Always-On-Technik. Ist diese aktiviert, zeigt das Smartphone im Standby-Modus wichtige Informationen wie die Uhrzeit, Datum, Wochentag und Akkustand. Zudem gibt es Hinweis-Symbole für überfällige Updates oder eingegangene Nachrichten. Da die schwarzen Flächen keinen Strom verbrauchen, sondern nur die weiße Schrift, hält sich der zusätzliche Stromverbrauch in Grenzen. Samsung spricht von weniger als einem Prozent pro Stunde. Die 3D-Touch-Technik des iPhone 7, die unterschiedliche Druckstärken erkennt, beherrscht das Galaxy S8 leider nicht.DSC_4217
Vielseitig: das Gehäuse
Mit dem Wegfall der Kopfhörerbuchse erntete das iPhone 7 im vergangenen Jahr viel Kritik, auch wenn sich das am Ende kaum auf die Verkaufszahlen auswirkte. Gespannt wartete die Branche deshalb, ob Samsung auf den Bluetooth-Zug aufspringen und die 3,5-Millimeter-Buchse ebenfalls abschaffen würde. Doch zumindest beim Galaxy S8 können Besitzer von Strippen-Kopfhörern aufatmen: Links neben der Ladebuchse befindet sich wie gewohnt der Klinkenanschluss.
Und noch ein beliebtes Feature ist an Bord: Das Galaxy S8 hat 64 Gigabyte Speicher, dieser kann via microSD-Slot erweitert werden. Das ist auch nach ein paar Monaten nötig, denn ein einzelnes Bild ist in voller Auflösung bis zu zehn Megabyte groß, ein 4K-Video nimmt rund 350 Megabyte pro Minute in Anspruch.
Ein weiterer Pluspunkt: Das Galaxy S8 ist nach IP68-Zertifizierung wasser- und staubdicht. Das Handy kann also auch aus der Hosentasche in die Toilette fallen, ohne dass es ernsthafte Wasserschäden davonträgt.
Solide Weiterentwicklung: die Kamera
Eines der wichtigsten Kaufkriterien ist für viele Nutzer die Kamera. Hier hat Samsung mit dem Galaxy S7 Edge im vergangenen Jahr die Messlatte hoch gelegt, in vielen Situationen macht es exzellente Fotos. Im Galaxy S8 setzt Samsung auf das bewährte Gespann aus 12 Megapixeln und einer lichtstarken f1.7er-Blende. Trotzdem macht das Galaxy S8 bessere Bilder, was an der überarbeiteten Software liegen dürfte.
So gibt es ein neues „Multi-Frame Image Processing“, bei dem das Handy drei Bilder auf einmal knipst, automatisch das Beste auswählt und die übrigen beiden heranzieht, um Details zu verbessern und Unschärfen zu minimieren. Zudem macht der Weißabgleich im neuen Modell im Vergleich zum Vorgänger einen besseren Job.iphone 7 vs galaxy s8
Im direkten Vergleich mit dem iPhone 7 Plus zeigt sich: Bisweilen überdreht das Galaxy S8 die Farben. Vor allem Gelbtöne wirken greller als in der Realität. Auch beim nachträglichen Hineinzoomen macht Apple eine bessere Figur, in guten Lichtsituationen kann die Dualkamera ihre Muskeln spielen lassen. In der Dämmerung und nachts liefert das Galaxy S8 meist kräftigere Kontraste.
Die Frontkamera knipst beim Galaxy S8 nun mit acht statt fünf Megapixeln. Im direkten Vergleich mit dem iPhone 7 Plus punktet Samsung mit einem größeren Aufnahmewinkel.
Insgesamt spielt die Kamera immer noch in der ersten Liga und für die meisten Alltagssituationen ist man bestens gerüstet. Doch das gewisse Extra fehlt. Die Konkurrenz experimentiert längst mit neuen Technologien wie hochauflösenden Schwarz-Weiß-Sensoren (Huawei), Weitwinkelaufnahmen (LG) und speziellen Porträtmodis (Apple).
Unbrauchbar: der Assistent Bixby
Bei der offiziellen Präsentation legte Samsung viel Wert auf den neuen, smarten Assistenten namens Bixby. Der soll nicht nur stumpf Informationen liefern (wie etwa Siri oder Alexa), sondern im Alltag einen echten Mehrwert liefern. Die Betonung liegt hier aber auf soll. Denn bislang ist Bixby nahezu unbrauchbar. Die Software geht ohne ihr wichtigstes Feature an den Start, bis zum Sommer bleibt Bixby überall stumm. Die Sprachunterstützung soll erst im Sommer via Update nachgereicht werden. Die deutsche Sprache wird sogar noch später hinzugefügt, anfangs beherrscht Bixby nur Englisch und Koreanisch. Das allein ist schon enttäuschend.bixby-1
Doch es wird noch peinlicher: Die Objekterkennung der Kamera ist absoluter Schrott. Theoretisch soll die Kamera in der Lage sein, das Motiv zu erkennen, sodass man Objekte direkt online bestellen oder weitere Informationen dazu abrufen kann. In der Praxis scheitert das krachend: Bei einem oberkörperfreien Foto von Matthias Schweighöfer bekamen wir Sixpack-Bilder von fremden Typen angeboten, auf einem offiziellen Werbebild des „You Are Wanted“-Stars erkannte das Telefon den verstorbenen Paul Walker. Einen Milka-Schokohasen erkannte es trotz Schriftzug nicht. Ein iPhone 7 Plus blieb ebenfalls ohne Treffer, ein Modell des Galaxy S8 Plus hielt es für ein Sony Xperia C. Bixby weiß also offenbar nicht einmal, wie sein „Körper“ aussieht.
Wie groß der Stellenwert von Bixby für Samsung ist, zeigt die Tatsache, dass die Software einen eigenen Button am linken Gehäuserand spendiert bekommen hat. Leider kann man den Button nicht umprogrammieren. So dürfte er schnell Spinnenweben ansetzen, da selbst Google Now hilfreicher ist.
Ausreichend: der Akku
Noch ein paar Worte zum Akku. Beim kleinen Modell hat er eine Kapazität von 3000 Milliamperestunden, beim großen sind es 3500. In der Praxis reicht das für ein bis zwei Tage Laufzeit. Das ist nicht herausragend, dürfte für die meisten Nutzer aber ausreichend sein. Eine konkrete Aussage zur Akkulaufzeit ist schwer, da diese von vielen Faktoren abhängt – etwa den gestarteten Apps, der Nutzung im Mobilfunknetz oder im heimischen Wlan oder der gewählten Bildschirmhelligkeit. Dank Quickcharge-Technik ist der Akku aber zumindest ratzfatz via USB-C aufgeladen.
Als Betriebssystem kommt Android 7.0 zum Einsatz, das mit einer eigenen Benutzeroberfläche modifiziert wurde. Diese ist nicht mehr so aufdringlich wie früher und hat ein paar clevere Features parat. In der Kamera-App genügt es etwa, mit dem Finger von oben nach unten zu wischen, um von der Rück- auf die Frontkamera umzuschalten. Die Hautverschönerungs- und Masken-Effekte hätte Samsung sich aber sparen können – hier und da wäre weniger doch mehr.
Ein Stereo-Lautsprecher ist beim Galaxy S8 leider ebenfalls nicht verbaut. Wer gerne Youtube-Videos auf dem Smartphone schaut, muss sich mit dem Mono-Lautsprecher an der Unterseite begnügen.galaxys8-unten
DeX: Vom Smartphone zum PC
Passend zum Galaxy S8 gibt es auch neues Zubehör. Besonders bemerkenswert ist Samsung DeX: Dabei handelt es sich um ein Dock, mit dem das Smartphone quasi zum PC gemacht wird. Dazu muss man das Telefon einfach in den USB-C-Port stecken, einen Monitor via HDMI anschließen – und schon kann man Android-Apps wie ein herkömmliches PC-Programm öffnen. Wir konnten das Feature mangels Dock nicht ausprobieren, bei unserem ersten Hands-on in London sah die Funktion aber vielversprechend aus.
Samsung zufolge müssen die Apps nicht speziell für DeX angepasst werden. In einer kurzen Demo wurden etwa Microsofts Office-Suite, Youtube und der Browser parallel geöffnet. Allerdings kann nicht jede App maximiert dargestellt werden, sie bleiben dann einfach in dem Format des Mobiltelefons.
Fazit: Primus mit Patzern
Das Galaxy S8 ist ohne Frage das derzeit schickste Smartphone. Der neue Bildschirm besticht mit tollen Farben und bietet jede Menge Platz, gleichzeitig ist das Gehäuse kompakt und liegt gut in der Hand. Der Speicher ist erweiterbar, das Gehäuse wasserdicht und einen Kopfhöreranschluss gibt es ebenfalls. Die Akkulaufzeit ist in Ordnung, aber nicht sensationell. Die Kamera macht gute Bilder, auch bei schummrigem Licht. Spektakuläre Features wie einen Porträtmodus oder einen optischen Zoom gibt es aber nicht.
Enttäuschend sind der mies platzierte Fingerabdrucksensor, die fehlenden Stereo-Lautsprecher und die peinliche Integration des gar nicht so smarten Assistenten Bixby. Nach den selbstgeschürten Erwartungen kann man nur sagen: Samsung, da muss dringend nachgebessert werden.
Das Galaxy S8 und das Galaxy S8 Plus erscheinen am 28. April und kosten 799 und 899 Euro. Sie sind in den drei Farben Midnight Black, Orchid Grey und Arctic Silver erhältlich.
Alternativen sind das iPhone 7 Plus, das Huawei P10 oder der Vorgänger Galaxy S7 Edge. Den gibt es bereits ab 450 Euro.
Technische Daten
Smartphone |
Galaxy S8 |
Galaxy S8+ |
Galaxy S7 (zum Vergleich) |
Maße |
148,9 x 68,1 x 8,0 mm |
159,5 x 73,4 x 8,1 mm |
142,4 x 69,6 x 7,9 mm |
Gewicht |
155 Gramm |
173 Gramm |
152 Gramm |
Display |
5,8 Zoll (2960 x 1400 Pixel) |
6,2 Zoll (2960 x 1400 Pixel) |
5,1 Zoll (2560 x 1440 Pixel) |
Prozessor |
2,3 Ghz Quad + 1,7 Ghz Quad |
2,3 Ghz Quad + 1,7 Ghz Quad |
2,3 Ghz Quad + 1,6 Ghz Quad |
Speicher |
64 GB (UFS 2.1), erweiterbar |
64 GB (UFS 2.1), erweiterbar |
32 GB (UFS 2.0), erweiterbar |
Konnektivität |
USB-C, 3,5mm-Klinke, Bluetooth 5.0, Wlan ac, NFC, LTE.Cat16 |
USB-C, 3,5mm-Klinke, Bluetooth 5.0, Wlan ac, LTE.Cat16 |
micro-USB 2.0, 3,5mm-Klinke, Bluetooth 4.2, Wlan ac, NFC, LTE Cat.9 |
Kameras |
Haupt: 12 MP (f/1.7) Front: 8 MP |
Haupt: 12 MP (f/1.7) Front: 8 MP |
Haupt: 12 MP (f/1.7) Front: 5 MP |
Akku |
3.000 mAh |
3.500 mAh |
3.000 mAh (3600 mAh beim S7 Edge) |
Wasserschutz |
IP68 |
IP68 |
IP68 |