Zwanzig Jahre ist es heute her, dass „Deep Blue“ Schachgroßmeister Garri Kasparow schlug. Es galt als spektakulärer Sieg der intelligenten Maschinen. Dabei berechnete das Programm nur aus Millionen Möglichkeiten den besten Zug. Das konnte es schneller als Menschen, Intelligenz erfordert es nicht. Heute ist es beinahe andersherum: Wir nutzen wir jeden Tag viel schlauere Programme und merken es nicht einmal. Etwa bei der Spracherkennung von Assistenten wie Siri. Die Technik hat das Potenzial, unsere Welt drastisch zu verändern. Vor dem Terminator müssen wir uns aber wohl erstmal nicht fürchten.
Wie sehr KI schon in unseren Alltag eingedrungen ist, machen sich die meisten Menschen gar nicht bewusst. Jedes iPhone kann etwa nach dem Urlaub sämtliche Fotos zeigen, auf denen Palmen zu sehen sind. Dafür tun muss man nichts – es erkennt sie dank künstlicher Intelligenz selbstständig.
Was genau ist KI?
Doch warum ist Künstliche Intelligenz so revolutionär? Der größte Unterschied zwischen herkömmlichen Programmen und Systemen mit Künstlicher Intelligenz ist, dass erstere nur wissen, was wir ihnen zeigen – und letztere selbstständig dazulernen kann. Was zunächst banal klingt, ist ein bedeutender Schritt. Während Computer-Programme schlicht Serien von komplexen Wenn-Dann-Aufgaben herunterrattern, sind KIs unserem Gehirn nachempfunden und bilden sogenannte Neurale Netzwerke.
Der Prozess dazu heißt „Deep Learning“. Statt einem Programm genau zu sagen, was es tun soll, bekommt es eine Aufgabe gestellt, die es selbstständig lösen soll – etwa auf Fotos Hunde zu erkennen. Das versuchen die Programme immer wieder und präsentieren ihre Ergebnisse, die dann als richtig oder falsch markiert werden. Im Laufe der Zeit versteht KI so immer besser, was einen Hund ausmacht und wie er sich etwa von einer Katze unterscheidet. So, wie es Kinder auch lernen.Microsoft Build 2016 Ticker
KI überall
Die Erkennung von Bild-Inhalten ist tatsächlich, zusammen mit Spracherkennung, einer der weitverbreitetesten Anwendungsfälle für KI. In nächster Zeit werden aber Millionen weitere dazukommen. So können Krankheiten dank künstlicher Intelligenz teilweise zuverlässiger erkannt werden, als es gestandene Ärzte vermögen. Die schlauen Programme denken zwar noch nicht so kreativ und komplex wie Menschen, können dafür aber unfassbar große Datenmengen nahezu in Echtzeit verarbeiten – und dabei Zusammenhänge aufdecken, die vorher verborgen blieben. Ob Gesundheit, Kommunikation, Handel oder Industrie: KI hat das Potential, die gesamte Gesellschaft umzugestalten.
Einen persönlichen Assistenten, der vom Smartphone aus bei der Tagesplanung und Alltagsaufgaben unterstützt, wird dann vermutlich jeder haben. Das autonom fahrende Auto ist auf dem besten Weg in den Handel – gesteuert von Künstlicher Intelligenz. Selbst im Kundenservice werden wir vermehrt mit KI-Programmen zu tun haben, um unsere Anliegen und Probleme loszuwerden.
Dabei geht es nicht um einfache Ja-Nein-Fragen wie bei den Hotline-Robotern der Gegenwart. Stattdessen wird man auch konkrete Anliegen wie einen Adresswechsel, Service-Fälle oder Fragen zu einem Produkt direkt mit der Software besprechen können, per Chat oder am Telefon. Bei Unklarheiten fragt das Programm einfach nach. Und der Nutzer bemerkt vielleicht nicht einmal, dass er mit einer Maschine gesprochen hat.Tay 1100
Keine Chance ohne Risiko
Auf dem Job-Markt dürfte das deutlich spürbar werden. Je mehr Aufgaben von Maschinen übernommen werden, desto weniger bleiben für Menschen übrig. Im Service-Bereich wie bei Hotlines könnten günstige KI-Lösungen schnell für einen Kahlschlag sorgen, sobald sie zuverlässig genug funktionieren. Wie es etwa auch in der Autobau-Branche durch Roboter geschah. Gerade gering qualifizierte Menschen könnte die Entwicklung hart treffen. Wie tiefgreifend die Veränderungen tatsächlich werden, können wir jetzt wohl noch nicht einschätzen. So, wie die Folgen des Überall-Internets vor zehn Jahren auch nicht vorherzusehen waren.
Mit der riesigen Chance kommt auch eine gewisse Gefahr. Als Microsoft-Chef Satya Nadella gestern auf der Eröffnungs-Präsentation der Entwickler-Messe Build KI für jedermann versprach, ging er auch auf die dunklen Seiten der neuen Technologie ein. Eine dystopische Zukunft wie im Roman „1984“ mit totaler Überwachung durch Maschinen zu verhindern, sei eine Frage des Designs. Kurze Zeit später machte man aber mit einem Programm Werbung, dass per Kameras automatisch den Arbeitsplatz scannt, erkennt, wer sich wo aufhält und welche Werkzeuge dabei benutzt werden. Es soll die Arbeitsplatz-Sicherheit erhöhen, taugt aber auch als Überwachungs-Alptraum. Vom klassischen Horror-Szenario der von Maschinen unterjochten Menschen ist es aber noch weit entfernt.18-Beunruhigend: Russischer Roboter trainiert mit Waffen-5401803879001