Facebook hat weltweit 1,86 Milliarden Nutzer, die mindestens einmal im Monat in dem sozialen Netzwerk vorbeischauen. Eine schier unglaubliche Zahl, die Mark Zuckerberg aber auch vor Probleme stellt. Denn während der Großteil der Menschen vorbeikommt, um ein paar Urlaubsbilder zu posten, mit Freunden zu chatten oder um dem Ex ein bisschen hinterherzuspionieren, nutzen einige die Plattform, um Hassbotschaften zu verbreiten oder andere Menschen zu demütigen. Doch wie geht der Konzern damit um?
Dem britischen „Guardian“ wurden nun mehr als 100 interne Schulungsunterlagen zugespielt, in denen Handlungsanweisungen und Löschregeln ausführlich erklärt werden. Die thematische Bandbreite reicht von Magersucht über Suizidversuche bis hin zu Tierquälerei, Nacktheit und Terrorismus.
Facebook Live als Chance und Risiko
Eine große Herausforderung ist offenbar Facebook Live. Dabei werden wie im klassischen Live-TV Videoinhalte in Echtzeit übertragen – immer mehr Nutzer und Medien setzen verstärkt auf dieses Format. Nicht nur, um den Junggesellenabschied an die daheimgebliebenen Kumpels zu übertragen, sondern für Gewalttaten oder Suizidversuche.Dislike Button Facebook Messenger
Das soll sich Facebook zufolge auch nicht ändern: „Nutzer posten selbstzerstörerische Inhalte als Hilfeschreie – diese zu entfernen könnte verhindern, dass sie gehört werden“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“, welcher die Dokumente ebenfalls vorlagen. Diese Richtlinien wurden gemeinsam mit Experten entwickelt. Erst wenn es keine Möglichkeiten der Interaktion mit der betroffenen Person mehr gibt, werden die Aufnahmen entfernt.
Umstrittene Regeln
Die Regeln sind aber nicht immer so klar formuliert und einleuchtend: Schwangerschaftsabbrüche etwa dürfen gezeigt werden, aber nur, wenn keine nackte Haut zu sehen ist. Bilder von Tierquälerei werden nur in besonders drastischen Fällen als störend markiert. Auch nicht-sexueller Kindesmissbrauch wird erst sanktioniert, wenn es sadistische Tendenzen gibt.Unsoziale Netzwerke Menschen Soziale Medien 1804
Bemerkungen wie „Jemand sollte Trump erschießen“ sollen dem „Guardian“ zufolge vom Facebook-Team sofort gelöscht werden, weil er als Staatschef als besonders schützenswert eingestuft wird. Hingegen darf man schreiben: „Um einer Schl**** das Genick zu brechen, solltest du so kräftig wie möglich auf die Mitte des Halses drücken.“ Die absurde Begründung: Drohungen wie diese werden nicht als ernstzunehmend eingestuft.
Auch Videos über gewaltsame Tode, die als „störend“ markiert wurden, werden nicht zwangsläufig gelöscht. Der Grund: Solche Clips können wertvoll sein, um das Bewusstsein für „mentale Leiden, Kriegsverbrechen und andere wichtige Aspekte“ zu schaffen, berichtet der „Guardian“.
Nachdem Facebook im vergangenen Jahr ein ikonisches Bild aus dem Vietnamkrieg gesperrt hatte, wurden die Richtlinien im Umgang mit Nacktheit überarbeitet. „Nachrichtenrelevante Ausnahmen“ sind nun erlaubt, generell verfolgt das soziale Netzwerk aber weiterhin einen restriktiven Kurs.
3000 neue Facebook-Kontrolleure
Die „Süddeutsche Zeitung“ betont, dass die Probleme für Facebook gar nicht in der Erstellung der Richtlinien liegen, sondern in der Ausführung. Der Prozess des Prüfens und Löschens ist enorm zeit- und personalaufwendig. Die Mitarbeiter müssen sich ständig mit Themen wie Selbstverletzungen, Terror, Gewalt, Kindesmissbrauch und Verbrechen sonstiger Art auseinandersetzen, sei es als Text, Bild oder Video. Nicht jeder hält das auf Dauer aus. Die Arbeit wird zudem schlecht vergütet, der Zeitung zufolge liege die Bezahlung meist nur knapp über dem Mindestlohn.
Auf Anfrage der SZ stellte der Konzern klar, dass man die „Sicherheit der Nutzer sehr ernst“ nehme. Eine umfangreiche Stellungnahme gab Facebook aber nicht ab.
Mark Zuckerberg kündigte vor wenigen Tagen an, 3000 weitere Kontrolleure anstellen zu wollen – die Zahl steigt damit von 4500 auf 7500. Ob es sich dabei um Vollzeitkräfte oder externe Dienstleister handelt, ist nicht klar. In Anbetracht der 1,86 Milliarden Nutzer ist die Zahl so oder so verschwindend klein.Facebook kopierte Profile 20.30h