Am Montagabend wird Apple-Chef Tim Cook die WWDC-Konferenz offiziell eröffnen und neue Geräte vorstellen. Millionen Entwickler auf der ganzen Welt werden zuschauen. Einer von ihnen ist Fynn Kiwitt, 14 Jahre, Schüler eines Gymnasiums in Freiburg. Er schaltet normalerweise immer ein, um als einer der Ersten zu erfahren, was Apple Neues vorstellt – ganz egal ob es um ein neues iPhone oder Software geht. Diesmal schaut Fynn aber nicht vom Laptop aus zu, sondern er sitzt gemeinsam mit Tausenden anderen Besuchern live im Saal. Doch wie hat es der Neuntklässler überhaupt auf eine der wichtigsten Entwicklerkonferenzen der Welt geschafft?
WWDC-Interview-FynnFynn ist einer von knapp 30 deutschen Entwicklern, die ein sogenanntes „Scholarship“ für die WWDC gewonnen haben, quasi eine Art Stipendium. Insgesamt hat Apple aus einer Vielzahl von Bewerbungen 350 Personen aus der ganzen Welt ausgewählt, sie bekommen eine kostenlose Eintrittskarte (sonst 1599 US-Dollar) und die Unterkunft bezahlt. Mit 14 Jahren ist Fynn einer der jüngsten Entwickler vor Ort.
Dass er überhaupt teilnimmt, hat ihn sehr überrascht: „Ich hatte im Internet zufällig einen Artikel über die WWDC-Scholarships entdeckt und nur aus Spaß mitgemacht. Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, am Ende genommen zu werden.“ Eine eigene App hat er bislang noch nicht veröffentlicht, von der Konferenz erhofft er sich viele neue Ideen. Später möchte er als Programmierer arbeiten, am liebsten im Bereich der Künstlichen Intelligenz (hier finden Sie das ganze Interview mit Fynn).
„Wenn man nichts selber macht, hat man keine Chance“
Der 17-jährige Robert Rabe, ebenfalls als Teilnehmer vor Ort, ist da schon weiter: „Ich habe gerade mein Abitur gemacht und will nächstes Jahr Informatik oder Elektrotechnik studieren. Ich programmiere für iOS seit ich 14 bin, angefangen habe ich mit einem iPod Touch.“ Mittlerweile ist er einer der Entwickler für die offizielle Vapiano-App für das iPhone. So hat er etwa die Kamerafunktion mitentwickelt, mit der man sein Essen fotografieren und das Bild anschließend dank diverser Filter verändern kann.
WWDC-Interview-RobertSeine Programmierkenntnisse hat sich Robert in Online-Kursen (etwa von den berühmten Elite-Unis Stanford oder Harvard) selbst beigebracht. Von der Schule fühlte er sich nur teilweise gut vorbereitet, sagt er im Gespräch mit dem stern: „Wenn man nichts selber macht, hat man keine Chance.“ Seiner Meinung nach ging es in seiner Schule zu spät los mit dem Programmierunterricht, Betriebssysteme wie iOS waren bei seinen Lehrern kein Thema. „Ohne das selbst beigebrachte Wissen könnte ich jetzt nicht für Vapiano arbeiten.“ (Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Robert)
Männerdomäne Programmieren
Lara Marie Reimer ist auch erst 21 und studiert Wirtschaftsinformatik in München. Beruflich ist sie trotzdem schon durchgestartet, sie arbeitet für das Start-up Combyne. Das hat eine App entwickelt, in der es um die Kombination von Outfits geht. Zu den Partnern gehören namhafte Marken wie Asos, Görtz, Gucci und Urban Outfitters.
WWDC-Interview-laraMarieLara Marie war bereits im vergangenen Jahr auf der Entwicklerkonferenz WWDC. Von den knapp 30 deutschen Teilnehmern sind in diesem Jahr nur vier Frauen dabei. „Auch im letzten Jahr waren mehr Männer als Frauen anwesend. Ich habe aber das Gefühl, dass Apple viel Wert darauf legt, dass viele Frauen eingeladen werden.“ (hier finden Sie das ganze Interview mit Lara Marie)
IT-Berufe seien nach wie vor eine Männerdomäne, das will sie ändern. „Es wird immer sehr groß von Medien dargestellt, dass auch Frauen ein Scholarship gewinnen können. Man nimmt ihnen die Angst, indem man ihnen zeigt, dass andere es schon geschafft haben. Nur weil man eine Frau ist, heißt das ja nicht, dass man es nicht schaffen kann – und das zu unterstützen, finde ich gut!“
Sprachlautsprecher sind „eine total coole Entwicklung“
Auf der WWDC geht es in diesem Jahr aber vermutlich nicht nur um neue Software, sondern auch Hardware. Sollte die Gerüchteküche Recht behalten, wird Tim Cook einen neuartigen Sprachlautsprecher vorstellen. Über den Sinn eines solchen Geräts sind die deutschen Teilnehmer geteilter Meinung. „Das ist eine total coole Entwicklung, die man im Alltag vielleicht auch mehr nutzt und die mehr Möglichkeiten bietet als das iPhone“, meint etwa Lara Marie.
Robert findet die Gerätekategorie „interessant“, hat aber noch Zweifel: „Die Plattform muss wirklich funktionieren, die Geräte müssen einen verstehen. Momentan funktioniert Siri nur so 50/50. Wenn viele Entwickler mitarbeiten und ihre eigenen Produkte auf dieser Plattform aufbauen können, kann Siri etwas werden, das man wirklich gerne nutzen möchte.“ Derzeit hält er Siri aber noch für verbesserungswürdig. Für ihn ist am Ende entscheidend, an welchen Stellen Apple bei Siri nachjustiert, wie der Konzern mit der Privatsphäre der Nutzer umgeht – und wie das Gerät an sich gestaltet ist.
Apple ist Wunsch-Arbeitgeber – aber nicht perfekt
Nach dem Studium würden alle drei gerne bei einem der großen Techkonzerne arbeiten – etwa Microsoft, Google, Amazon oder Facebook. Der Traum-Arbeitgeber wäre aber der iPhone-Hersteller. „Apple rückt die Benutzerfreundlichkeit in den Mittelpunkt“, sagt Fynn. „Wir befinden uns an einem Punkt, wo es den Durchschnittsnutzer nicht mehr interessiert, wie schnell der Prozessor in seinem Computer ist. Die Software und die Benutzeroberfläche sind deshalb entscheidend. Und da hat Apple meiner Meinung nach die Nase vorn.“
Wenn er das Sagen hätte, würde Fynn als erstes die Preise anpassen. „Für mich als Schüler kosten die Produkte extrem viel Geld.“ Trotz seiner 14 Jahre hat er einen ziemlich umfassenden Überblick: „Die Mac Pros müssten dringend aktualisiert werden. Und ich finde, dass Apple in letzter Zeit zu viele Produkte anbietet. Früher fragte man sich: Kaufe ich mir ein gutes oder ein noch besseres iPhone? Mittlerweile gibt es drei iPhones. Für den Durchschnittsnutzer kann das schon überfordernd sein. Man müsste sich auf zwei oder gar ein Gerät fokussieren.“
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Mehr Innovationen nötig
Lara Marie würde ebenfalls gerne hinter die Kulissen beim wertvollsten Konzern der Welt schauen. „Man sieht die Firma ja sonst nur von außen, ich habe aber keine Ahnung, wie da die Strukturen und Arbeitsweisen sind.“ Als Apple-Chefin würde sie den Fokus auf Innovationen legen. „Das kam mir in den letzten Jahren etwas zu kurz. Beim letzten iPhone war die einzige große Änderung die Kamera, das fand ich schade. Ich habe das Gefühl, früher wurde mehr riskiert und jetzt richtet man sich an die breite Masse.“
Neben neuen Erfahrungen hat Fynn auf der WWDC noch einen speziellen Wunsch: „Mir fehlt nur noch ein Selfie mit Tim Cook. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, werde ich ihn fragen.“Apple-Fakten 11.44