Das beste aller Zeiten (“The best … ever“) ist längst nicht mehr genug. Als Tim Cook im vergangenen September das iPhone X vorstellte, adelte er es direkt zum Taktgeber für die nächsten zehn Jahre. Natürlich war das dick aufgetragen, aber Apple liebt nunmal den großen Auftritt.
Umso überraschender war daher die diesjährige Entwicklerkonferenz WWDC. Die wertvollste Firma der Welt präsentierte sich ungewohnt zurückhaltend. Es gab keine neuen Geräte, keine neuen Dienste. Keine Vorschau auf das nächste große Ding. Das legen einige als langweilig, als wenig innovativ aus. Doch dass Cupertino einen Gang zurückschaltet, ist das beste, was den Nutzern passieren kann.
Die Ruhe nach dem Feuerwerk
Rückblick auf die WWDC 2017: Vor einem Jahr brannte Apple ein regelrechtes Produktfeuerwerk ab. Vier neue Betriebssysteme, der Siri-Lautsprecher HomePod, ein iMac Pro, aufgemotzte Macbooks und Tablets. Das Team um Tim Cook, von dem man wie bei keinem anderen Innovationen am Fließband erwartet, hatte geliefert. Doch dann kamen die Probleme.Apple TV tvOS12
Der HomePod kam nicht pünktlich in den Handel. Als er schließlich in den Regalen stand, fehlten wichtige Funktionen, die erst per Update nachgereicht wurden. Generell lief es auf Software-Seite nicht rund: In iOS 11 gab es so viele Fehler, dass einer sogar in einem Apple-Werbespot auftauchte. Ein Datumsfehler ließ iPhones dauerneustarten. Für eine Sicherheitslücke in macOS musste sich der Konzern öffentlich entschuldigen. So etwas kratzt am Image.
Apple zeigt, dass es zuhören kann
Es ist daher nur folgerichtig, dass Apple in diesem Jahr einen anderen Weg eingeschlagen hat. Statt hochglanzpolierter Geräte standen diesmal zwei Stunden lang Software-Feintuning und neue Schnittstellen im Mittelpunkt. Es ging um wenig glamouröse, aber wichtige Themen wie Siri und Augmented Reality, um Datenschutz und Performancesteigerungen. Und um Stabilität: Das neue Betriebssystem iOS 12 lässt sich auf den selben Geräten installieren, auf denen auch iOS 11 läuft – sogar auf dem bald fünf Jahre alten iPhone 5s. Vor allem Besitzer älterer iPhones werden dies mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen, bekommen viele Androiden doch bereits nach einem Jahr keine Updates mehr.
Viele der am Montagabend vorgestellten Neuerungen – mit Ausnahme der Siri-Shortcuts – sind nicht revolutionär. Entweder stehen sie seit Jahren auf den Wunschlisten der Nutzer ganz weit oben (Gruppen-Facetime, Dark Mode), oder es gibt sie ähnlich bereits bei der Konkurrenz (Screentime). Doch manchmal reicht genau das: den Nutzern und den Entwicklern zuhören und ihnen genau das liefern, was sie verlangen. Feinschliff statt neuer Features – das ist nicht cool, war nach dem Pannenjahr 2017 aber dringend nötig.
Im Herbst kommen dann tonnenweise neue Geräte, Apple wird sein Serienprojekt starten und im nächsten Jahr warten richtig dicke Brocken auf die Software-Ingenieure. Der Homescreen vom iPhone muss neugestaltet werden, die Dateiverwaltung umstrukturiert. Langeweile ist vorerst nicht zu befürchten.