Cybermobbing: Ein Satz aus einem Sex-Video zerstörte das Leben dieser jungen Italienerin

Tiziana Cantone machte einen fatalen Fehler, der ihr Leben zerstören sollte. Sie schickte 2015 ein Video an mehrere Freunde, darunter ein Ex-Freund. Es war ein Rache-Video der besonderen Sorte. Um ihren Ex zu demütigen, der sie betrogen haben soll, zeigte es Tiziana Canton beim Sex mit einem anderen Mann. Der Ex-Freund schickte das Video an einige Bekannte – kurz darauf war es im Internet und ein nie enden wollender Spießrutenlauf begann.

Ein Satz in dem Clip sorgte für die tragische Berühmtheit von Tiziana Cantone. „Ma stai facendo un video? Bravo.“ – „Machst du ein Video? Super.“ Dieser Satz im neapolitanischen Akzent wurde zum Mega-Meme in Italien. Andernorts blieb er unverständlich. „Ma stai facendo un video? Bravo“ wurde zitiert, parodiert – der Satz wurde auf T-Shirts und Smartphone-Hüllen gedruckt. Später landeten noch weitere Videos im Netz; auf einem hatte Cantone Sex mit zwei Männern. Neben den hämischen Witzeleien wurde Tiziana Cantone an den digitalen Pranger gestellt und so wüst beleidigt, dass man es gar nicht wiedergeben kann.

Keine Gerechtigkeit vor Gericht gefunden

In dem folgenden Jahr soll Cantone zweimal versucht haben, Suizid zu begehen. Der dritte Versuch führte nun zum Tod. Die 31-Jährige hat zuvor alles getan, um dem Fluch des Videos zu entkommen. Sie änderte ihren Namen und führte eine Reihe von Prozessen auf das „Recht auf Vergessen“ – damit das Video nicht länger von Suchmaschinen gefunden werden konnte. „Sie war tief verletzt und suchte Trost im Alkohol. Aber sie war klar im Kopf, gesund und ein normales Mädchen“, sagte Tiziana Cantones Mutter den Ermittlern.

Cybermobbing_9UhrDen letzten Stoß habe ihr das Gericht versetzt. Sie hatte den Prozess am Ende zwar gewonnen, aber sie hat nicht verstehen können, dass sie 20.000 Euro an Gerichtskosten bezahlen sollte. Ihre Mutter sagte, das sensible Mädchen „habe unter allem gelitten, was sie sah und hörte. Aber besonders unter dem Gerichtsverfahren. Sie konnte nicht verstehen, dass das gerecht sein sollte.“

Verfahren gegen die Uploader

Italienische Medien geben ihr Recht. „Il Mattino“ aus ihrer Heimatstadt Neapel schrieb: „Warum sind diese Bilder immer noch online? Warum können immer noch Leute Häme über diese junge Frau vergießen, die ihr Leben beendete, weil sie die Erniedrigung nicht ertragen konnte.“

Ihre Freunde hatten bereits gedacht, Cantone habe die schreckliche Geschichte allmählich hinter sich gebracht, als sie die Nachricht vom Tod erreichte. Teresa Petrosino sagte dem „Corriere della Serra„: „Ich kann nicht verstehen, warum ein Mensch so gemein und so hasserfüllt gegenüber einem Mädchen sein kann, das nichts Böses getan hat. Die müssen sich alle schämen, diese Typen, die das Netz mit ihren Gemeinheiten fluten und sich dabei heimlich das Video ansehen.“ Insgesamt vier Personen werden laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa beschuldigt, das Video ins Netz gestellt zu haben. Nun wird auch wegen Anstiftung zum Suizid gegen sie ermittelt. 

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

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