Privatsphäre: Hört die Facebook-App wirklich Ihre Privatgespräche mit?

Von dem Phänomen hört man immer wieder: Da spricht man mit Freunden am Telefon über eine Serie, die etwas merkwürdigen Wickelschuhe oder den Kauf einer Couch – und plötzlich zeigt Facebook Werbung für die entsprechenden Produkte an. Immer wieder tauchen entsprechende Anekdoten im Freundes- oder Kollegenkreis und auf Internetplattformen auf. Der naheliegende Verdacht: Facebook hört die Gespräche mit. Aber ist das tatsächlich so?

Fakt ist: Der Social-Media-Riese ist mit seinen Apps auf nahezu jedem Smartphone vertreten. Sei es mit der Facebook-App, dem dazugehörigen Messenger oder den Tochter-Firmen Instagram und Whatsapp. Und: Alle diese Apps fragen den Nutzer um Erlaubnis, das Mikrofon benutzen zu dürfen. Aber schnüffeln sie damit auch?

Das steckt hinter den Lauschvorwürfen

Auf eine Anfrage des stern reagierte Facebook nicht. In einem auf dem eigenen Blog veröffentlichten Statement streitet das Unternehmen die Vorwürfe allerdings ab und betont, aufgezeichnete Gespräche nicht für Werbezwecke zu benutzen. Der Vorwurf hat nämlich durchaus einen realen Hintergrund: In den USA schneidet Facebook seit 2014 tatsächlich die Umgebungsgeräusche mit, wenn auch nach eigenen Angaben mit einigen Einschränkungen.Faceboo Daten 10.16

So wird laut Facebook nur dann aufgenommen, wenn der Nutzer anfängt, einen Status abzusetzen. Die Funktion soll dazu dienen, im Hintergrund laufende Musik oder Filme zu erkennen – und so beim Schreiben des Status zu unterstützen. Auf einer Infoseite erklärt der Konzern, dass dann 15 Sekunden aufgezeichnet und die Hintergrundgeräusche ausgewertet werden. Gespräche werden nicht gespeichert. Die Funktion muss zudem laut Facebook vom Nutzer explizit eingeschaltet werden. Außerhalb der USA wird die Technologie demnach nicht eingesetzt.

Technisch kaum umsetzbar

Auch als ein Android-Entwickler im letzten Jahr die Facebook-App im Detail analysierte, stolperte er zwar über allerlei fragwürdigen Umgang mit Nutzerdaten – etwa, dass Facebook ständig sämtliche Kontakt- und Standortdaten abfragt. Dafür, dass die App mitlauscht, fand er aber keine Indizien.

Gegen die These spricht auch, dass ständige Aufnahmen und deren Versenden über das Internet enorm den Akku belasten würden. Zudem wäre die Auswertung extrem aufwändig und kostspielig. Der vergleichsweise geringe Ertrag aus der dadurch ausgespielten Werbung würde sich vermutlich gar nicht rechnen.Facebook_loeschen 19.55h

Lauschen wäre illegal

Und schließlich ist da noch die rechtliche Situation: Würde Facebook tatsächlich ohne Zustimmung der Nutzer Gespräche aufzeichnen und gar für die Verarbeitung an Dritte weitergeben, würde der Konzern gleich gegen mehrere geltende Gesetze verstoßen.

So würde eine solche Praxis etwa die Vertraulichkeit des Wortes verletzten und gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen, erklärte der auf Internetrecht spezialisierte Anwalt Christian Solmecke gegenüber dem stern. Würde Facebook dabei erwischt, drohten strafrechtliche Konsequenzen und zusätzlich auch noch Schadensersatzklagen.Amazon Echo Google Apple Datensammler_10.30

Was steckt wirklich dahinter?

Doch wie erklärt man sich dann die passgenaue Werbung zu Gesprächen? Wie genau Facebook entscheidet, welche Werbung wem gezeigt wird, verrät der Konzern natürlich nicht. Während es manchmal wohl einfach Zufall ist, dass Produkte aus Gesprächen in Werbung auftauchen, sind dafür auch technische Erklärungen denkbar. 

So weiß Facebook dank der Standort-Daten genau, welche Nutzer gerade am selben Ort sind. Zudem trackt das soziale Netzwerk jede Menge weiterer Daten wie Internet-Besuche auf anderen Seiten, Suchanfragen und Likes bei Facebook. Verbindet man alles, enstehen ausführliche Nutzerprofile. Und so kann man Werbung zu Dingen, die einen der Anwesenden interessierten, auch den anderen Personen anzeigen. Schließlich könnten die das Produkt ebenfalls spannend finden. Ist das der Fall, wurde vielleicht auch miteinander darüber gesprochen – und schon wirkt es, als ob die App mitgehört hat.

So kann man sich schützen

Wer trotzdem skeptisch ist, kann ein potenzielles Mithören auf vielen Smartphones ganz einfach unterbinden. Dazu entzieht man den Facebook-Apps schlicht den Zugriff auf das Mikrofon. Die einzige Einschränkung: Man kann keine Videos oder Sprachnachrichten mehr in den Apps selbst aufnehmen.

Auf dem iPhone findet man den Mikrofon-Zugriff in den Systemeinstellungen unter „Datenschutz“ und dann „Mikrofon“. Dort muss man nur noch die entsprechenden Apps abknipsen. Auf Android-Smartphones kann man Apps die Berechtigungen erst ab Android 6.0 einzeln entziehen. Dazu geht man in den Systemeinstellungen auf „Apps“, öffnet dann in der Liste die entsprechende App und wählt „Berechtigungen“.

Bei der Facebook-App und dem Messenger gibt es allerdings ganz allgemein gute Gründe, sie vom Smartphone zu löschen. Welche das sind, erfahren Sie in diesem Artikel. Ein Problem dabei ist, dass Facebook auf dem Smartphone das Lesen von Nachrichten ohne die Messenger-App unterbindet. Hier erklären wir, wie man sie mit einem ganz einfachen Trick trotzdem lesen kann.Whatsapp Tricks_8.10

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